Es ist nicht einfach, hier eine Balance zwischen der garantierten Religionsfreiheit und dem sozialstaatlichen Gerechtigkeitsempfinden zu finden. Fakt ist zunächst, dass auch die Burka unter die Religionsfreiheit fällt. Sehr oft hat bereits das Bundesverfassungsgericht betont, dass jeder seine Religion so leben darf, wie er/sie es für richtig hält. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Religion allgemein anerkannt ist oder ob es sich dabei um eine kleine Gruppe handelt. Voraussetzung ist lediglich eine ernsthafte Glaubhaftmachung. In diesem Sinne spielt es dann auch keine Rolle, ob das Tragen einer Burka für eine Muslime Pflicht ist oder nicht.
Wenn wir nun auch, den ebenfalls im Grundgesetz verankerten, Gleichbehandlungsgrundsatz in Betracht ziehen, dürfte eine Streichung des Arbeitslosengeldes aus diesem Grund nicht in erfolgen. Denn niemand darf wegen seines Glaubens, seiner religiösen Anschauung benachteiligt werden.
Zugegeben, so eindeutig die Rechtslage im Grunde auch sein mag, etwas kratzt schon an meinem Gerechtigkeitssinn. Ich sehe all diejenigen, die Tag für Tag zur Arbeit gehen und ein gutes Teil Ihres Einkommens für den Sozialstaat abzweigen mit einem unbehaglichen aber doch tröstendem Gefühl, dass sie es ja zurückbekommen, wenn es sie mal trifft.
Wieso, so denke ich mir provokativ, soll jemand auf der Tasche anderer liegen, nur weil sie nach muslimischen Geboten leben will, wobei anzumerken ist, dass das Tragen einer Burka, lediglich nach einer Mindermeinung, Pflicht ist? Kann man denn nicht ein Mindestmaß an Anpassung an die hiesigen Verhältnisse verlangen? Wie sollte man denn die Ernsthaftigkeit der Glaubhaftmachung widerlegen können, wenn sie gut vorgetragen wird? Da könnte ja jeder kommen. Verpflichtet das Gesetz denn nicht alles zu unterlassen, was einer Anstellung auf einem neuen Arbeitsplatz entgegen steht? Nun gut, das könnte im Einzelfall über das Ziel hinausschießen, wenn eine arbeitslose Frau an eine Bar zum Kellnern vermittelt wird und von Ihr verlangt wird, den Gepflogenheiten des Milieus und den männlichen Kundenwünschen entsprechend, gekleidet zu erscheinen.
Doch, frage ich mich, steckt hinter diesen und ähnlichen Maßnahmen noch etwas anderes? Etwas Tieferes als eine simple Abwägung zweier Interessen? Nahezu aufdrängen tut sich die Frage, was mit denjenigen ist, die etwa wegen Ihrer rosaroten Haare und den seit Wochen nicht gewaschenen und deshalb bis in den Himmel stinkenden Rasterlocken nicht vermittelt werden können weil deren Körper womöglich noch mit Tattoos und Piercings übersät sind. Sicher treffen auf solche Personen dieselben Argumente zu, wie bei der Burka tragenden Muslima. Wobei unser fiktiver rosaroter Panther seine Beweggründe noch nicht einmal mit irgendeiner Religion rechtfertigen könnte. Wieso, so drängt sich mir die Frage auf, wieso wird eine Muslima Zielscheibe solcher oder ähnlicher Maßnahmen und nicht eine mit Sicherheit zahlenmäßig viel größere Gruppe von Personen, die ebenfalls auf der Tasche anderer leben?
Es ist und bleibt eine zwiespältige Angelegenheit, bei der beide Seiten der Medaille nicht glänzen. Entscheide ich mich gegen die Burka, würde ich mich auch gleichzeitig gegen fundamentale Grundwerte der Verfassung entscheiden, die ich schätze. Entscheide ich mich für die Burka, bleibt ein unbehagliches Gefühl, denen Gegenüber, die arbeiten und ihren aktiven Beitrag leisten. Und dann ist da noch der rosarote Panther.