Ich weiß, was Du nächstes Jahr sagen wirst
19. Mai 2008 | Von E. S. | Kategorie: Leitartikel, Politik | 8 Kommentare |Für Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble stellt auch dieses Jahr der „islamistische“ Terrorismus die größte Bedrohung für die Bundesrepublik Deutschland dar. Glücklicherweise, so Schäuble bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes 2007 in Berlin, sei es bisher nicht zu Anschlägen gekommen, was aber an der guten Arbeit der deutschen Sicherheitsdienste liege.
Um der unverändert hohen Bedrohung durch den gewaltbereiten „islamistischen“ Terrorismus müsse man mit allen Mitteln des Rechtsstaats entgegentreten. Es komme vor allem auf eine wirksame Prävention an. Dies setze aber Informationen voraus. Wenn man Anschläge verhindern wolle, müsse man die Handlungsfähigkeit der Sicherheitsbehörden gewährleisten. Dabei komme es letztlich auf drei Dinge an: ausreichendes Personal, ausreichende technische Mittel und ausreichende Kompetenzen. Man müsse die technischen Mittel und die Eingriffsbefugnisse der Sicherheitsbehörden dem Stand der Technik anpassen. Die BKA-Gesetzes-Novelle trage dem Rechnung.
Ein besonderer Tätigkeitsschwerpunkt des Bundesamtes für Verfassungsschutz sei, wie letztes Jahr auch, die Beobachtung des Rechtsextremismus in allen seinen Ausprägungen – von Fremdenfeindlichkeit über Rassismus, Antisemitismus, Revanchismus bis zum Neonazismus.
Um dagegen anzugehen, müsse teilweise besser vermittelt werden, dass Rechtsextremismus eben nicht lediglich eine politische Meinung unter anderen sei. Und man müsste ihnen attraktive Angebote machen – nicht nur für eine sinnvolle Freizeitgestaltung und für soziale und berufliche Perspektiven.
Sie bemerken den Unterschied? Umfassende und verfassungsrechtlich höchst problematische Gesetzesverschärfungen bei der Bekämpfung des „islamistischen“ Terrorismus und Aufklärungsarbeit in Form von Freizeitgestaltung bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus.
Der Unterschied zwischen „islamistischem“ Terrorismus und Rechtsextremismus wird noch deutlicher, wenn man sich die Statistiken vergegenwärtigt.
Exkurs:
Ein alter Araber lebt seit mehr als 40 Jahren in Buxtehude. Er würde gerne in seinem Garten Kartoffeln pflanzen, aber er ist allein, alt und schwach. Deshalb schreibt er eine E-Mail an seinen Sohn, der in Hamburg studiert. “Lieber Ahmed, ich bin sehr traurig weil ich in meinem Garten keine Kartoffeln pflanzen kann. Ich bin sicher, wenn du hier wärst, könntest Du mir helfen und den Garten umgraben. Dein Vater.”
Prompt erhält der alte Mann eine E-Mail: “Lieber Vater, bitte rühre auf keinen Fall irgendetwas im Garten an. Dort habe ich nämlich ‘die Sache’ versteckt. Dein Sohn Ahmed.”
Keine sechs Stunden später umstellen das Militär und BKA das Haus des alten Mannes. Sie nehmen den Garten Scholle für Scholle auseinander, suchen jeden Millimeter ab, finden aber nichts. Enttäuscht ziehen sie wieder ab.
Am selben Tag erhält der alte Mann wieder eine E-Mail von seinem Sohn: “Lieber Vater, ich nehme an, dass der Garten jetzt komplett umgegraben ist und du Kartoffeln pflanzen kannst. Mehr konnte ich nicht für dich tun. In Liebe, Ahmed”
Dem Phänomenbereich „Politisch motivierte Kriminalität – rechts“ wurden 17.607 Straftaten, hiervon 11.954 Propagandadelikte und 1.054 Gewalttaten mit 845 Körperlverletzungen, zugeordnet. In diesem Phänomenbereich wurden 17.176 Straftaten mit extremistischem Hintergrund, darunter 980 Gewalttaten erfasst. Außerdem wurden insgesamt 1.541 politisch rechts motivierte Straftaten mit extremistischem und antisemitischem Hintergrund registriert (377 Körperverletzungen). Die Dunkelziffer dürfte höher liegen, da teilweise fremdenfeindliche Taten mit dem Hinweis, dem Täter würde das politische Verständnis fehlen, als nicht rechtsextremistisch eingestuft werden. Die Zahl der Rechtsextremisten liege bei 31.000 wovon 10.000 gewaltbereit seien.
Für „Islamisten“ existieren dagegen keine statistischen Zahlen. Im Verfassungsschutzbericht werden lediglich Einzelfälle genannt. Das „islamistische“ Personenpotenzial wird mit 33.170 Mitgliedern/Anhängern beziffert. Schätzungen, wie viele gewaltbereite „Islamisten“ es in Deutschland gibt, enthält der Bericht ebenfalls nicht. Wohl nicht ohne Grund: ohne die Mitglieder der Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs – die Gewalt strikt ablehnen – würde die Gesamtzahl der „Islamisten“ auf 6.170 schrumpfen. Die Zahl der Gewaltbereiten dürfte nicht unerheblich geringer sein.
Ohne eine Abwägung an der Opferzahl vornehmen zu wollen, sprechen die Zahlen für sich. Während durch Rechtsextremismus jedes Jahr in Deutschland mehrere tausend Menschen zu Schaden kommen und verletzt werden, wird seit dem 11. September der „islamistische“ Terrorismus als die größte Bedrohung verkauft. Die Abnehmer – die Gesellschaft samt Presse und Medien – wird dabei in eine Lage versetzt, die es ihm schwer macht, zwischen Muslimen und Terroristen zu unterscheiden. Folgendes Beispiel zeigt dies besonders deutlich:
Der Abschnitt, dass sich mit Terrorismus befasst wird unter der Überschrift: „Islamistische/islamistisch-terroristische Bestrebungen und Verdachtsfälle“ aufgeführt; Terrorismus als rein muslimisches Problem. Weiter geht es dann mit der Überschrift: „Entwicklungen im Islamismus“ (S. 162 Vorabfassung Verfassungsschutzbericht 2007) in der u.a. auf Terroristen und dem vereitelten Sprengstoffanschlag vom 4. September 2007 eingegangen werden. Ebenso wird aber unter „Islamismus“ (S. 184) beispielsweise die Islamische Gemeinschaft Milli Görüs (S. 194) vorgestellt. Interessant ist dies im Hinblick auf die Feststellung, dass die IGMG Gewalt strikt ablehnt, also mit Terrorismus nichts gemein hat und dennoch im Abschnitt für Terrorismus geführt wird. Noch deutlicher wird die Angelegenheit in der 123. Fußnote: „Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass alle Mitglieder/Anhänger der IGMG islamistische Ziele verfolgen oder unterstützen.“ Unter Islamisten/Islamismus werden demnach selbst unbescholtene Muslime, die Gewalt ablehnen und auch keine „islamistischen“ Ziele verfolgen systematisch in denselben Topf geworfen wie Selbstmordattentäter und Terroristen.
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Dies wiederum begünstigt populistische und rassistische Kampagnen der Rechtsextremisten gegen „den Islam“, mit der sie ihr Eintrittsticket in die politische Mitte lösen. So konstatierte die Studie „Deutsche Zustände 2006“ des Bielefelder Soziologen Wilhelm Heitmeyer eine „steigende Islamophobie“ in der Bundesrepublik Deutschland auch unter Gebildeten. Gut ein Viertel aller befragten Deutschen meinte, Muslime sollten in Zukunft nicht mehr in die Bundesrepublik Deutschland zuwandern. Die Abwehr gegen den Islam zieht sich der Studie zufolge durch alle Schichten. Statt der platten Parole „Ausländer raus“ wird der Rassismus rechter und rechtsextremer Gruppen oft hinter populistischen Parolen wie Verteidigung der „deutschen Leitkultur“ und des „christlichen Abendlandes“ gegen „Islamisierung“ und „Moscheebau“ versteckt.
Die gefühlte Bedrohung in der Gesellschaft steigt durch die unklare Trennung zwischen Muslimen und Terroristen enorm an, was wiederum zur Zustimmung bzw. weniger Widerstand in der Bevölkerung führt, wenn neue Sicherheitspakete verabschiedet werden. Pakete, die zur Bekämpfung des Rechtsextremismus nicht hätten durchgeboxt werden können.
So lange die Sicherheitsbehörden und Geheimdienste nicht auch das letzte Stück vom verfassungsrechtlich gerade noch machbaren oder auch eigentlich nicht mehr machbaren einheimsen werden, weiß ich, was der Innenminister auch nächstes Jahr sagen wird: „Der islamistische Terrorismus stellt die größte Bedrohung für Deutschland dar.“ Rechtsextremismus dagegen wird man mit Aufklärungsarbeit – plus-minus 5 % – hoffentlich stabil halten können. Beruhigende Aussichten!
Blog-Leseempfehlung:
Ein Bauer wurde zu sechzig Tagen Gefängnis verurteilt. Seine Frau schrieb ihm wütend eine Brief:
„Jetzt, wo du im Häfn sitzt, erwartest Du wohl, daß ich das Feld umgrabe und Erdäpfel pflanze? Aber nein, das werde ich nicht tun!“
Sie bekam als Antwort:
„Trau dich bloß nicht, das Feld anzurühren; dort habe ich das Geld und die Gewehre versteckt!“
Eine Woche später schreibt Sie ihm erneute einen Brief in den Häfn:
„Jemand im Gefängnis muß Deinen Brief gelesen haben. Die Polizei war hier und hat das ganze Feld umgegraben, ohne etwas zu finden.“
Schreibt ihr der Mann zurück:
„So, jetzt kannst du die Erdäpfel setzen!“
Uralter Bauernwitz. Die Kopie ist mehr larmoyant als witzig.
@taggler:
🙂 Danke für den Hinweis. Die Bauernversion kannte ich bisher nicht. Im Lichte des Artikels finde ich die aktuelle Fassung aber passender und zumindest im Kontext witziger.
Ja man muss sich viel einfallen lassen, um Arbeitsplätze zu schaffen, allerdings an den falschen Stellen.
Es entspricht wohl jeder Logik, dass wenn es die größte Bedrohung wäre, auf was hätten diejenigen dann gewartet???
Wenn irgendjemand, irgendwo einen Anschlag verüben wollte, wäre dies immer, überall und zu jeder Zeit möglich gewesen. Alles andere, von wegen, dies haben wir unseren hohen Sicherheitseinrichtungen zu verdanken, gleicht einem Witz.
Es ist wirklich nur eine Hetze um die finanziell minderbemittelten Staaten aus D fernzuhalten.
Wie immer im Leben geht es bei der ganzen Konstruktion von Kampagnen nur um GELD.
Sinnvoller wäre es, die Vielfalt von Zuwanderern in Deutschland gegenseitig positiv zu nutzen.Anstatt ständig zu hetzen, und die Bevölkerung gegen irgendwelche Glaubensgemeinschaften
aufzuwiegen, fände ich es hervorragend, keinerlei Medienrummel diesbezüglich mehr zu veranstalten, da dadurch die gesamte Gesellschaft nur verunsichert, verängstigt und ablehnend wird.
Es muss aufhören, dass ständig irgendwo ein NEGATIV gesucht wird.
Ich denke, jede aber auch jede Kultur und jeder Mental, kann etwas in unsere Gesellschaft mit einbringen,
man muss dies aber auch zulassen.
Wenn man strategisch alles ablehnt, sich nicht mit allem auseinandersetzt, hat man auch keine Information
über Denkmuster, wieso und weshalb irgendwas anders läuft als bei uns.
Man ist völlig igniorant.
Genau dieses Fehlen von Wissen, Igniorants, macht der Masse Angst.
Angst, irgendwer oder was könnte stärker sein.
Der Mensch ist nun mal so konzipiert, dass alles unbekannte neugierig macht, es kommt nun aber auch auf die Gewürze drauf an. Wird es gepfeffert, manifestiert sich zu dem unbekannten eine nagative Einstellung und wird abgelehnt. Wird es aber schön süss verpackt, ist natürlich eine positive Suggestion erfolgt und positiv manifestiert.
Unsere Politiker verstehen sich hervorragend darin, wie man der breiten Masse etwas verpacken muss, um eine gewünschte Resonanz zu erzielen.
Wirklich, Kompliment an dieser Stelle.
Es sind leider sehr viele ziellose Mentale, in unserer Gesellschaft, die sich an das klammern, was die Politiker und die Medien verkaufen.
Eines muss aber glaube ich jedem einleuchten.
Wer ein negatives Gedankengefüge hat, sich negative Illusionen aufgebaut hat, wird es auch verifizieren.
Ich glaube, dass wenn auch noch zig tausende von Sicherheitsbeamten hinzukämen, im Moment X,
keiner etwas verhindern könnte.
Aber wenn zig tausende für die Zusammenarbeit aller Nationen hinzukämen, sich angagieren und ein gemeinsames Konzept gestalten würden, der gesamten Menschheit gedient wäre.
Nicht nur Arbeitsplätze wären von heute auf morgen verteilt und es gäbe keine Arbeitslosigkeit. Ich denke es würden sich auch neue Marktchancen entwickeln, denn es könnte sich alles, in jedem Land gleich entwickeln und verteilen.
Aber…………..
na ja, das ist meine Meinung.
Wer eine Bessere hat, nicht für sich behalten, bitte schreiben, vielleicht kann man doch noch was zum positiven andern.
[…] Wolfgang Schäuble hat den Verfassungsschutzbericht 2007 präsentiert und sieht islamistischen Terror als grosse Gefahr, will in der Konsequenz noch mehr Grundrechte abschaffen als bisher – weil zuviel […]
Die Situation ist doch bereits folgende:
Sollte durch ein bestimmtes Wahlergebnis eine rechte Partei an die Macht kommen, könnte diese
sich mit den bereits vorhandenen rechtlichen Instrumenten des Herrn Schäuble und Co. kommod in der Bundesrebublik einrichten.
Vielleicht noch ein neuer Reichstagsbrand oder anderes massives Ereignis und die Angelegenheit dürfte für die Herren oder Damen perfekt. sein.
Der Umbau des Staates ist bereits in vollem Gang.
Nun , Gottsei dank ist das Ausland nicht so blind wie die Damen und Herren Poliiker hier in Deutschland.
Denn die Medien aber auch die Politiker im Ausland sehen mit besorgniss was sich in Deutschland und insbesonders in der Rechtenszene da so tut.
Das der Islamische Terror zwar vorhanden ist , bzw das was diese Terroristen so darstellen , möchte ich gar nicht abstreiten , jedoch ist die Gewalt in der Rechtenszene auch nicht von der Hand zu weisen.
Was sich tatsächlich daraus entwickeln wird , werden wir wohl oder übel alle miterleben.
Wie Li möchte ich nicht so negativ über die Zukunft urteilen , jedoch teile ich mit Ihm die Besorgniss über die Zukunft in der Bundes Republik.
Es ist aber vom Grundsatz sehr traurig zu betrachtren wie die Menschen hier in Deutschlan wie eine Schaafsherde , mit scheuklappen , von den Damen und Herren Polotikern sich hinters licht führen lassen.
Wenn man erst einmal die Ignoranz und auch deren Inkompetenz mal vor augen führen würde , wäre man der Tatsächlichen Wahrheit sehr nahe.
Aber auch hier ist die Bevölkerung ist nun mal so , man beschwert sich permanent über deren Poltik , ist aber nicht in der Lage deren Sonstige Aussagen in Frage zu stellen.
Was nun , hü oder hot ?
Hallo Coskun,
ich würde mich freuen, wenn sich meine Besorgnis letztlich als unbegründet erweisen sollte.
Letzltich werden wir nicht umhin kommen, festzustellen, daß mit dem Abbau der sozialen Sicherungssysteme und damit einhergehend der Verarmung großer Bevölkerungsschichten auch die Radikalität zunehmen wird.
Die Radikalisierungstendenz des Deutschen liegt weniger im linken, sondern im rechten Spektrum..
Wenn man nun auf dem rechten Auge blind ist, wie man von manchen Politikern meinen möchte (vorsichtig ausgedrückt) könnte man eines Tages von den Ereignissen überrollt werden.
Ein Extrembeispiel sind die jüngsten Vorgänge in Südafrika.
Bereits jetzt vorhandene Riskofaktoren sind:
1. Verharmlosung der rechten Gewalt
2. Veramung weiter Bevölkerungsgruppen
3. Diffamierung bestimmter Gruppen bzw. Schaffung einer abstrakten Gefährdung durch Fremdes
4. Unzufriedenheit der Bürger mit der Politik und den Entscheidungsträgern
Auch ein Erstarken der Linken in Deutschland gäbe prinzipiell keinen Analss zur Entwarnung, da auch Teile der SPD und PDS/Die Linke Wähler über ein geschlossenes rechtes Weltbild verfügen können.
In der Gesamtschau und im Zusammenhang mit einer unbestreitbar eingetretenen Verarmung ganzer Bevölkerungsgruppen und der politschen Unzufriedenheit besteht nach m.A. erheblicher Grund zu Besorgnis.
Grüsse
LI
@ Li
Die von Ihnen aufgeführten Argumente sind tatsache.
Das beispeil mit Südafrika würde ich Persönlich aber nicht akzeptieren , da hier in Deutschland aus der Geschichte heraus andere Voraussetzungen geschaffen sind.
Man sollte aber nicht ausser betracht lassen was den tatsächlich Demokartie ist.
Demokratie stellt sich aus vielen kleinen Bausteinen zusammen worin auch der Nationalismus vorhanden ist.
Nur in anbetracht der Historie in der BRD ist der Nationalismus mit vorsicht zu genießen.
Gerade auch wegen der Historie sind aber viele Menschen im In und Ausland besonders aufmersam womit ein Zweites „Drittes Reich “ so nicht wieder entstehen kann.
Was viel wichtiger wäre , denn Damen und Herren Poltiker mal diese Rechteszenen deutlicher vor augen zu führen.
Diese ist jenen zwar bekannt , aber man sollte Ihnen klar machen das auch das Volk diesen Rechtstrend bemerkt und das nicht nur Sie die klugen sind , sonder das die Bevölkerung auch selbststänig denken kann.