Der rechte Populismus

15. Mai 2008 | Von | Kategorie: Gastbeiträge, Politik | 2 Kommentare |

Politiker unterschiedlichster Gesinnung betreiben eine Politik, die von den aktuellen Problemen der Bevölkerung profitiert. Ihre Aussagen beruhen weder auf Fakten noch auf analytischem Wissen. Insbesondere im Wahlkampf ist zu beobachten, wie Linke Themen wie Kapital und Arbeit aufgreifen, wohingegen die rechten Parteien die nationalistische und konservative Neigung der Bevölkerung für ihre Politik nutzen.

Der rechte Populismus

Der rechte Populismus

Erneut verlegte ein Unternehmen seinen Standort aufgrund der günstigeren Arbeitskraft ins Ausland. Wieder sind es die einfachen Arbeiter, die die Konsequenzen der Globalisierung tragen. Parallel zu diesen Entwicklungen gab es Ereignisse, wodurch bestimmte Probleme ins Visier der Aufmerksamkeit gerieten. Der Mord eines Kindes durch die eigene Mutter entfachte die Diskussion um den Stand der Familie. Zudem brachte der Amoklauf eines Studenten, bei dem viele Menschen starben, die Diskussionen um die Situation der Jugendlichen auf. Während diese Nöte die unteren Bevölkerungsschichten plagten, zeigten die Steueraffären der oberen Schicht, dass es dort ebenfalls Missstände gibt. Zu den innenpolitischen Geschehnissen kamen die außenpolitischen Ereignisse hinzu. An der Spitze dieser Ereignisse stehen die in tausenden von Kilometern entfernten Kriege. Zu den vielen Missständen, die ein kaum noch verfolgen kann, kommen Themen wie Terror, globale Klimaerwärmung und Armut.

All diese Ereignisse bringen die Menschen zu neuen Herangehensweisen. Der Mensch ist schließlich ein definierendes Wesen. Er strebt danach, die Geschehnisse um sich herum zu begreifen und in Begriffe zu fassen. Die Intellektuellen der Gesellschaft kommen diesem Wunsch nach. Das Gedankengut dieser Schicht stellt den Einklang zwischen dem Menschen und seiner Umgebung her. Das zu diesem Zweck hervorgebrachte Gedankengut wird in einer Ausdrucksweise vermittelt, der die verschiedenen Dimensionen des Sachverhalts in angemessener Weise darlegt. In Zeiten, in denen die Intellektuellen ihren Aufgaben nicht nachkommen und die Probleme der Gesellschaft nicht zu lösen versuchen, kommt es zu einer Entfremdung zwischen ihnen und dem Volk. Dies hat zur Folge, dass die „Sprache des Volkes“ die Definitionen bestimmt und neue Konflikte mit sich bringt. Der Populismus ist somit eine Bewegung, die aus der Sprache des Volkes hervorgeht.

Bei der Benennung der Missstände verwendet das Volk, die für ihn typische Sprache. Kennzeichnend für diese Ausdrucksweise sind Schuldzuweisungen, die in einer einfachen und klaren Sprache geäußert werden. Kritik richtet sich fast ausschließlich an andere. Es findet keine Selbstkritik statt. Der daraus hervorgehende Populismus richtet sich gegen die Politiker und die Intellektuellen und setzt sich für das Volk und dessen Interessen ein. Die Führungsebene wird für die ungelösten Probleme verantwortlich gemacht. Aus der Sicht des Volkes setzen sich die Politiker wenig für das Wohlergehen der Gesellschaft ein, lassen sich von internationalen Unternehmen hintergehen und verraten so das eigene Land. Ferner wird die Ansicht vertreten, dass sich die Einheimischen aufgrund der Toleranzpolitik gegenüber Minderheiten und Ausländern als Fremde im eigenen Land fühlen.

Rechtspopulismus in Europa

Diese Merkmale sind zutreffend für jede Art von populistischer Politik. Politiker unterschiedlichster Gesinnung betreiben eine Politik, die von den aktuellen Problemen der Bevölkerung profitiert. Ihre Aussagen beruhen weder auf Fakten noch auf analytischem Wissen. Insbesondere im Wahlkampf ist zu beobachten, wie Linke Themen wie Kapital und Arbeit aufgreifen, wohingegen die rechten Parteien die nationalistische und konservative Neigung der Bevölkerung für ihre Politik nutzen.

Anfang der 90er Jahre, zur Blütezeit des Rechtspopulismus, der nun in nahezu allen europäischen Ländern existiert, wurde er als eine vorübergehende Erscheinung bewertet. Die Erwartung, die in folgendem Satz geäußert wurde, hat sich als nicht haltbar erwiesen: „Die rechtspopulistischen Parteien werden spätestens bei ihrer Machtergreifung, aufgrund der unrealisierbaren Versprechen, die Unterstützung der Bevölkerung verlieren.“ Diese Parteien blieben mit immer neuen populistischen Aussagen in den Schlagzeilen und bahnten sich mit der Unterstützung bestimmter Teile der Bevölkerung ihren Weg ins Parlament, so in der Schweiz. Diese Entwicklungen werfen viele Fragen auf, insbesondere nach den Gründen für diese Entwicklung und warum Rechtspopulismus in Europa zunehmend an Stärke gewinnt.

Das Ziel des Rechtspopulismus ist, so wie bei anderen politischen Richtungen, der Wahlerfolg. So werden Worte und Mittel diesem Ziel entsprechend geformt. Mit dem Wissen darüber, dass in demokratischen Staatsformen die Macht vom Volk ausgeht, verwenden Rechtspopulisten eine volksnahe Sprache. Die stimmlose Masse erreichen sie, indem sie deren Probleme in die politischen Kulissen tragen und sie dort vertreten. Das Herantragen tabuisierter Themen an die Öffentlichkeit wird als eine wichtige Vorgehensweise angesehen, mit der die Rechtspopulisten die Gunst der Bevölkerung gewinnen. Die gewinnorientierten Medien räumen dieser Art von Nachrichten gerne Platz ein, da die polemisierenden Aussagen gerne gelesen werden, und machen damit indirekt Werbung für die rechtspopulistischen Parteien. Aufgrund des großen Medieninteresses, erreicht der rechtpopulistische Politiker sein Ziel, die Interessen einer bestimmten Bevölkerungsgruppe in der Öffentlichkeit zu vertreten.

„Nation“ und „Charisma“

Die rechtspopulistischen Parteien in Europa sind sehr gewandt darin, als unantastbar behandelte Tabuthemen, die von den anderen Parteien nicht aufgegriffen werden, zu politisieren. Ihr Erfolg ist auf diese Vorgehensweise zurückzuführen. An erster Stelle dieser Themen stehen die grundlegendsten Menschenrechte und Freiheiten. Die durch das Grundgesetz geschützten Rechte und Freiheiten haben im universellen Sinne keinen Wert für die Rechtspopulisten. Bestimmte Werte, die für das Volk gültig sind, werden den Anderen verwehrt. Obgleich die religiösen und kulturellen Werte des Volkes einen wichtigen Teil der nationalistisch-konservativ geprägten Politik der Rechtspopulisten ausmachen, nehmen sie Abstand davon, dieselbigen „der Anderen“ zu akzeptieren. Denn Vielfalt hat in dieser Strömung keinen Platz. Sie ist mehr auf Konfrontation als Integration aus. So sieht die rechtspopulistische Bewegung den Unionsgedanken der EU als eine Gefahr. Des Weiteren stellen Ausländer und Minderheiten ebenfalls eine Gefahr für die „Nation“ dar. So propagiert der Rechtspopulismus die Eingrenzung der EU- und Einwanderungspolitik.

Ferner zieht die ungewöhnliche Wortwahl dieser politischen Bewegung Aufmerksamkeit auf sich. Die Enttabuisierung bestimmter Sachverhalte führt zur Aufteilung der Gesellschaft in zwei Gruppen und steigert den Unmut. Dies hat zur Folge, dass die Menschen emotional und unangemessen auf unglückliche Vorfälle reagieren. Mit den Begriffen „Ich-Wir“ und „Du-Die Anderen“ werden zwei Pole gebildet und Geschehnisse in einer Sprache vermittelt, die Emotionen hervorruft. Ein anderes Mittel, was der Einfachheit halber genutzt wird, ist die Äußerung von Verschwörungstheorien. Der Parteivorsitzende, der fast immer eine Person mit charismatischer Ausstrahlung ist, schlägt radikale aber nicht realisierbare Lösungen vor. Die Verwirklichung der Lösungsvorschläge hätte eine Zerstörung des Gleichgewichts und andere Schäden zur Folge. Die Position des Parteisitzenden innerhalb der Bewegung ist ebenfalls von großer Bedeutung. Nicht jede politische Bewegung, die sich um eine charismatische Persönlichkeit aufbaut, ist eine populistische Bewegung, doch jede populistische Bewegung wird von einer charismatischen Persönlichkeit angeführt. Männer mit geringem Einkommen und wenig Bildung sind die wichtigste Zielgruppe dieser Bewegung. Diese Schicht fühlt sich in Folge der Globalisierung ausgeschlossen und von der Regierung nicht gut vertreten. Der Rechtspopulismus gilt als Hinterhof der rechtsextremen Parteien, die vor Gewalt nicht scheuen und transportiert die rechtsextremen Aussprüche dieser Parteien in ein demokratisches Gefüge.

Quelle: Oliver Geden: Rechtspopulismus. Funktionslogiken – Gelegenheitsstrukturen – Gegenstrategien, SWP-Studie(www.swp-berlin.org), Berlin 2007

Ãœnal Koyuncu – Köln, 14.05.2008

2 Kommentare
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  1. […] seinem Beitrag wendet sich das JurBlog dem rechten Populismus zu, ein Thema, das nicht zu vernachlässigen ist. Der Beitrag ist […]

  2. Bei der Benennung der Missstände verwendet das Volk, die für ihn typische Sprache.

    Die für ihn typische Sprache ist dann meist voll krass alta.

    Kennzeichnend für diese Ausdrucksweise sind Schuldzuweisungen, die in einer einfachen und klaren Sprache geäußert werden.

    Tötet die westlichen Kreuzfahrer !

    Kritik richtet sich fast ausschließlich an andere.

    Die Juden töten unsere muslimischen Brüda.

    Es findet keine Selbstkritik statt.

    Der Opa hat uns doch provoziert.

    Der daraus hervorgehende Populismus richtet sich gegen die Politiker und die Intellektuellen und setzt sich für das Volk und dessen Interessen ein.

    Den Muslimen in Europa geht es so wie den Juden im dritten Reich.

    Die Führungsebene wird für die ungelösten Probleme verantwortlich gemacht.

    Die deutsche Politik hat sich nie für Integration stark gemacht – eigentlich will uns keiner hier.

    Tja – so hat jede Bevölkerungsgruppe seine Populisten – und was lernen wir daraus ??

    Grüße

    Achim

 

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