LAG: Stellt eine Baskenmütze ein Kopftuch dar?

4. Februar 2008 | Von | Kategorie: Recht | 5 Kommentare |

Das Landesarbeitsgericht in Düsseldorf hat am Donnerstag (14.02.2008) in einem Berufungsverfahren über das Kopftuchverbot für Lehrerinnen an nordrhein-westfälischen Schulen zu entscheiden. Das Gericht verhandelt über die Frage, ob eine Mütze unter das „Kopftuchverbot“ fällt. Wie das Gericht mitteilte, ist die 36 Jahre alte Klägerin seit 1997 als ausgebildete Sozialpädagogin an einer Schule beschäftigt. Bis zum Inkrafttreten des neuen Schulgesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen (NRW) im Jahre 2006 habe sie das „islamische Kopftuch“ getragen. Danach habe sie ihr Kopftuch gegen eine Baskenmütze getauscht, die ihre Haare und Ohren vollständig verdeckt.

Das Land NRW sieht in dieser Kopfbedeckung lediglich einen Ersatz für das Kopftuch und hat eine Abmahnung ausgesprochen. Hiergegen hat die Klägerin zunächst beim Arbeitsgericht Düsseldorf Klage eingereicht mit dem Ziel, dass die Abmahnung aus ihrer Personalakte entfernt wird. Das Arbeitsgericht Düsseldorf (Aktenzeichen 12 Ca 175/05) sah bei der Baskenmütze keinen Unterschied zu einem Kopftuch und wertete das Tragen der Mütze als nichtgesetzeskonformen Ausdruck religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses. Gegen dieses Urteil hat die Sozialpädagogin nun Berufung eingelegt.

Wenn die Baskenmütze als ein Kopftuch (eine religiöse Bekundung) gewertet und verboten wird, dürften in Zukunft wohl so gut wie alle Kopfbedeckungen verboten werden. Ob das im Sinne des Gesetzes und des Gesetzgebers ist bezweifle ich stark. Jedenfalls würde ein Verbot über das Ziel hinausschießen und dem ganzen Theater doch eine unfreiwillige Komik geben.

Das Arbeitsgericht in der Vorinstanz (Juli 2007) hatte jedenfalls noch geurteilt, dass auch eine Baskenmütze, die komplett über die Haare gezogen wird, im juristischen Sinn als Kopftuch gewertet werden kann.

PS: Baskenmützen kann man hier sehen. Eine interessante Studie über Kopftuchträgerinnen gibt es hier in der Zusammenfassung.

5 Kommentare
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  1. Hallo,

    das leidige Thema.

    Religion hat aus meiner Sicht in der Schule nichts verloren, jede Religion ist ausschließlich und allein Privatsache.

    Aus der gleichen Studie:

    „Auffallend ist die starke Befürwortung einer stärkeren staatlichen Kontrolle von Presse und Fernsehen zur Sicherung der Moral. Dies bejahen etwa zwei Drittel (65,5%).
    Ein Primat der Religion gegenüber der Demokratie äußern 46,7% der Probanden. …äußern also auch in dieser Hinsicht eine negative Einschätzung demokratischer Strukturen.“

    Den Wunsch nach Zensur hört man ja auch hier gelegentlich. Und wenn knapp 47% der muslimischen Befragten die Religion vor die Demokratie stellen, muß man sich über Aktionen wie den verbissen geführten Kampf um das Tragen des Kopftuches nicht unbedingt wundern.

    Ich empfehle, die Studie zu lesen und nicht die Zusammenfassung.

    Gruß,
    Boo

  2. @ Moo

    Ich habe die Studie – wenn auch nicht in allen Teilen – gelesen.

    Auffallend ist die starke Befürwortung einer stärkeren staatlichen Kontrolle von Presse und Fernsehen zur Sicherung der Moral. Dies bejahen etwa zwei Drittel (65,5%).

    Ich bin auch dafür! Es ist doch aber auch die gängige Praxis in Deutschland. Wieso meinen Sie dürfen gewisse Filme nicht unverschlüsselt oder die etwas harmloseren erst spät in der Nach gesendet werden? Wieso darf ein minderjähriger nicht ohne weiteres bestimmte Printmedien kaufen? Unabhängig vom Gewerbe finde ich beispielsweise viele Themen der nachmittäglichen Talkshows einfach eine Zumutung für Kinder und auch für Erwachsene. Da wird eindeutig Moralverfall relativiert.

    Man kann die Aussage hier oder dorthin ziehen. Man sollte aber nicht den Fehler machen, als wären nur Kopftuchträgerinnen dafür oder dagegen. Dafür – da bin ich mir sicher – wären auch viele Deutsche, die gegen das Kopftuch sind.

    Ein Primat der Religion gegenüber der Demokratie äußern 46,7% der Probanden.

    Die Religion ist mehr als nur reine Privatsache, es ist Glaubenssache. Jeder Mensch hat das Recht zu glauben, woran er will. Das kann weder sanktioniert noch verboten werden. So lange er nach den Regeln der geltenden Rechtsordnung lebt und sich entsprechend verhält, ist es OK. Nur weil 46,7 % relativ viel sind, sollte man nicht den Fehler tun und daraus ein Strick machen.

    Die Studie enthält nämlich auch folgende Aussage nur ein Paar Zeilen unter Ihrer Fundstelle:

    Ich fände es gut, wenn in Deutschland bestimmte Straftaten, wie im islamischen Recht, mit Prügelstrafe bestraft würden.

    90,6 % haben dagegen gestimmt. Eindeutig gegen die Religion, wenn es mit der Verfassung in Widerspruch steht. Leider fokussieren Sie sich aber auf die 46,7% obwohl der Glaube – egal woran er glaubt – nichts an der Tatsache ändert, dass er dennoch verfassungstreu sein kann, ja sogar ein großer Befürworter der deutschen Verfassung sein kann.

    muß man sich über Aktionen wie den verbissen geführten Kampf um das Tragen des Kopftuches nicht unbedingt wundern.

    Da haben Sie Recht. Ich wundere mich nicht über den Kampf gegen den Kopftuch. Nicht aber weil ich der Meinung bin, dass Kopftuchträgerinnen bekämpft werden müssten, sondern weil die mediale Berichterstattung und die politische Instrumentalisierung ein so schlechtes Bild zeichnen über Kopftuchträgerinnen und dem Islam, dass die Mehrheitsgesellschaft zwangsläufig dagegen sein muss. Sie übrigens lassen sich, obwohl Sie in die Studie zumindest reingeschaut haben – ebenfalls davon leiten.

  3. Die Aufregung um das Kopftuch ist in der Tat kaum noch verständlich. Muslime müssen doch auch bestimmte Ausdrucks-und Verhaltensweisen von Deutschen akzeptieren, die nicht un bedingt von religiöser oder politischer Neutralität zeugen. Warum also akzeptieren die Deutschen nicht auch die Kopftuchträgerinnen? Hier wäre mehr Toleranz angebracht. Außerdem: das Schulgesetz in NRW verbietet das Tragen eines Kopftuches nicht ausdrücklich. Geregelt ist nur, dass Lehrer keine politischen oder religiösen Bekundungen abgeben dürfen, die geeignet sind, die Neutralität des Landes gegenüber Schülern und Eltern oder den politischen oder religiösen Schuldfrieden zu gefährden oder zu stören, wobei dann noch ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass die Darstellung christlicher Kulturwerte dem nicht widerspricht. Meines Erachtens ein Ausdruck von Intoleranz beim Gesetzgeber, der hier die Christen privilegiert. Anzunehmen, dass das Tragen des Kopftuches den Schulfrieden mehr gefährdet oder stört als z.B. ein christliches Symbol, lässt ebenfalls auf eine Intoleranz gegenüber den Muslimen schließen.

  4. Hallo E.S.,

    der Moralverfall kommt meines Erachtens nicht vorrangig aus den Medien. Die nutzen nur das, was sowieso gegeben ist – die geistige Verflachung der Gesellschaft.

    Jeder Mensch hat das Recht zu glauben, woran er will.

    Damit haben Sie vollkommen Recht. Aber es ist und bleibt Privatsache. Wenn ich Anhänger der „Heiligen Nudisten“ wäre und mich vor ihrem Wohnhaus aufbaue, um meinen nudistischen Neigungen zu frönen, würden Sie mich wahrscheinlich anzeigen. Zugegeben ein überspitztes Beispiel. Spätestens, wenn ich aber fordern würde, als Lehrer nackt unterrichten zu dürfen, würden Sie wahrscheinlich ein Mordspektakel veranstalten – zu Recht. Denn mein Glauben, verbunden mit dem Wunsch, diesen vollkommen ausleben zu wollen, hat in der Schule nichts zu suchen. Dort könnten sich nämlich andere belästigt fühlen.

    …Nicht aber weil ich der Meinung bin, dass Kopftuchträgerinnen bekämpft werden müssten…

    Kein Mensch in Deutschland bekämpft Kopftuchträgerinnen.
    Bekämpft wird das Hineintragen von Religionen in Bereiche, die allen offen stehen. Und zwar auch Atheisten. Und ich möchte keine Kreuze und Kopftücher in Schulen haben.

    Sie übrigens lassen sich, obwohl Sie in die Studie zumindest reingeschaut haben – ebenfalls davon leiten.

    Sie wissen nicht wirklich viel über mich…können Sie auch nicht. 🙂

    Gruß,
    Boo

    PS: Die (künftigen) Kopftuchträgerinen an den Universitäten in der Türkei scheinen ja mit Hilfe Erdogans und einer nationalistischen Partei endlich der unsäglichen Diskriminierung durch Trennung von Staat und Religion entgehen zu können…

  5. […] Auch bei JurBlog.de: LAG: Stellt eine Baskenmütze ein Kopftuch dar? […]

 

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