Höhere Rundfunkgebühren durch die Fernseh-Steuer?
17. September 2007 | Von E. S. | Kategorie: Feuilleton | Keine Kommentare |Die bisherige Geräte-Abgabe über die GEZ ist umstritten. Vertreter der Bundesländer erwägen stattdessen eine Kopfpauschale oder Umlagen über Steuern. Auch eine Haushalts-Abgabe steht zur Debatte. In Überlegung ist ebenfalls, die Steuer bzw. Abgabe unabhängig vom Besitz eines TV-Gerätes zu gestalten, damit sich auch niemand mehr drücken kann. Was immer auch kommen mag, billiger als bisher soll es jedenfalls nicht werden. Zumindest nicht für die arbeitende und Geld verdienende Bevölkerung. Für die arbeitslosen sowie sonstigen Bedürftigen wird sich, bis auf das verbesserte Angebot der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, nichts ändern.
Diejenigen nämlich, die täglich arbeiten gehen müssen und daher allenfalls mal Zeit für das Abendprogramm haben, wird das verbesserte Angebot egal sein. Andere dagegen, die Zeit für das Morgen-, Mittag-, Abend- und Nachtprogramm haben, werden sich über die Mehreinnahmen von ARD und ZDF sicher freuen. Mann gönnt sich ja sonst nichts.
Selbstverständlich denken die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten auch an ihre Melkkühe und möchten ihr Internetangebot ebenfalls erweitern. So soll künftig auch der Arbeitende die Möglichkeit haben, das verbesserte TV-Angebot jederzeit und überall im Internet zu sehen. Er soll sich z.B. wegen der Arbeit verpasste Lieblingssendungen jederzeit im Internet anschauen können.
Das setzt jedoch voraus, dass der Arbeitende sich eine Lieblingssendung zeittechnisch überhaupt leisten kann. Es wird für eine Berufstätige nicht leicht sein, eine Daily-Soap zu verfolgen. Und einen Internet Zugang am Arbeitsplatz werden die wenigsten zur Verfügung haben. Glückliche, die in einem schicken Büro sitzen, werden in der Regel zwar einen Internet-Anschluss haben, den sie aber nicht für private Zwecke nutzen dürfen. Sonst droht die Kündigung.
Unterm Strich wird daher auch das verbesserte Online-Angebot denen nutzen, die sich ihren Internet-Anschluss sozial subventionierten lassen dürfen. Schließlich ist das Recht auf Information grundgesetzlich verankert und das Fernsehen und der Computer gehören zur Grundversorgung. Die verpassten Sendungen werden in DVD Qualität durch den DSL-Anschluss gejagt, damit man auch genug Zeit für wichtigere Dinge im Leben hat.
Nichts gegen Sozialhilfeempfänger, nichts gegen Bedürftige. Auch sind wir uns im im klaren darüber, welch hohen Stellenwert unser Sozialstaat hat und wir wissen es alle zu schätzen, dass wir in einem Sozialstaat leben. Schließlich ist niemand davor geschützt, selbst einmal zu einem Sozialfall zu werden. Doch darf, wenn wir schon reformieren, die Umstellung der bisherigen Regelungen nicht dazu führen, dass der Arbeitende sich erneut veräppelt vorkommt.
Die allergrößte Mehrheit in unserem Land hat sicher nichts dagegen, zum Wohle der Allgemeinheit vom sauer verdienten etwas abzugeben. Doch darf das unterm Strich nicht so weit gehen, dass der Arbeitende schlechter lebt als der Bedürftige. Es gibt bereits genug Einkommensberechnungen von arbeitenden Familien mit Kindern, die weniger zur Verfügung haben als Familien mit Kindern, die nicht arbeiten.
Daher: Nichts gegen eine Reform des bisherigen Systems. Nichts dagegen, dass nur die zahlen, die auch zahlen können. Doch habe ich etwas gegen eine weitere Steuern- bzw. Gebührenerhöhung für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Das führt zur Frustration und lässt den Glauben an den Sozialstaat ins wanken bringen, wenn der Arbeitende nachst nicht schlafen kann weil sein arbeitsloser Nachbar meint, um 0:35 Uhr in Dolby-Surround und in voller Lautstärke noch einen fünf Jahre alten Spielfilm auf ZDF schauen zu müssen.
Update: Weil ich gerade über ein – wie ich finde – passendes Zitat von Abraham Lincoln stolpere:
Ihr werdet die Schwachen nicht stärken, indem ihr die Starken schwächt. Ihr werdet denen, die ihren Lebensunterhalt verdienen müssen, nicht helfen, indem ihr die ruiniert, die sie bezahlen. Ihr werdet keine Brüderlichkeit schaffen, indem ihr Klassenhass schürt. Ihr werdet den Armen nicht helfen, indem ihr die Reichen ausmerzt. Ihr werdet mit Sicherheit in Schwierigkeiten kommen, wenn Ihr mehr ausgibt, als ihr verdient. Ihr werdet kein Interesse an den öffentlichen Angelegenheiten und keinen Enthusiasmus wecken, wenn ihr dem Einzelnen seinen Initiative und seine Freiheit nehmt. Ihr könnt den Menschen nie auf Dauer helfen, wenn ihr für sie tut, was sie selber für sich tun sollten und können.
Ekrem Senol – Köln, 17.09.2007