Gastbeitrag: Von Mügeln nach Guntersblum
31. August 2007 | Von E. S. | Kategorie: Gastbeiträge, Gesellschaft | 20 Kommentare |Letzte Woche haben in der ostdeutschen Kleinstadt Mügeln etwa fünfzig junge Deutsche Mitten in der Stadt eine Gruppe indischer Migranten gejagt und mehrere Menschen teils schwer verletzt. Während der Mob die wehrlosen Menschen brutal zusammenschlug, rief sie in festlicher Stimmung Parolen wie „Ausländer raus“ und „Hier regiert der nationale Widerstand“. Darauf angesprochen, wehrte sich der Bürgermeister besorgt über den Imageschaden für seine Stadt, in Mügeln gebe es keinen Rechtsextremismus, „ausländerfeindliche Parolen könnten jedem mal über die Lippen kommen“. Außerdem sei es lächerlich, zu behaupten, die Inder seien durch die ganze Stadt gehetzt worden. „Dabei sind es von dem Festzelt bis zu der Pizzeria nur 30 Meter“ so die Bemerkung des OB. Seltsam auch die Erklärung der Polizei, dass sich „allzu viele“ Zeugen nicht gemeldet hätten und viele sich anscheinend schwer täten, „Zivilcourage zu zeigen“. Erschreckender Bericht über die Alltagskultur einer ostdeutschen Stadt.
Gewiss ist, dass Fremdenfeindlichkeit vor allem in Ostdeutschland nicht auf Mügeln begrenzt ist. Vielerorts heißt es sogar, Mügeln sei ostdeutscher Alltag. Nur im Osten gebe es diese hegemoniale völkische Jugendkultur, die ihre Dominanz im öffentlichen Raum mit Dresscodes, Symbol- und Musiknutzung zeige. Es dürfte wohl auch stimmen, dass die Wahrscheinlichkeit, Opfer einer rassistischen Gewalttat zu werden, dort um ein Vielfaches höher ist als im Westen. Jedenfalls sind im Westen (noch) keine No-go-Areas bekannt geworden, befreite Zonen sozusagen. Man müsse wohl feststellen, dass im Osten, zumindest bei einem Teil der Bevölkerung, eine fremdenunfreundliche Grundstimmung herrsche, so der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Wolfgang Böhmer. Eine blumige Umschreibung für die Tatsache, dass eine latente Fremdenfeindlichkeit im Osten allgegenwärtig ist. Auch sprechen die Erfolge rassistischer Parteien für diese Einschätzung. Es gibt viele Orte im Osten, in denen diese Parteien über 20 Prozent der Wähler für ihre menschenverachtenden Parolen begeistern konnten. Zudem sind in drei ostdeutschen Ländern rassistische Parteien im Landtag vertreten.
Dennoch ist es falsch, mit dem Finger auf den Osten zu zeigen. Denn es relativiert das Problem und umgeht die Tatsache, dass Rechtsextremismus ein gesamtdeutsches Problem ist. Sicherlich sind in Westdeutschland viele zivilgesellschaftliche Strukturen vorhanden, die stark genug sind, sich vor Ort zu wehren. Auch wird man hoffen können, dass es im Westen mehr Zivilcourage gibt und viele Leute nicht wegschauen würden. Doch während alle über ostdeutsche Ursachen spekulieren, vergegenwärtigt der gerade bekanntgewordene Fall in der westdeutschen Kleinstadt Guntersblum bei Mainz, dass der gewalttätige Rechtsextremismus jederzeit überall zuschlagen, also auch in seiner gewaltbereiten Form nicht auf Ostdeutschland eingegrenzt werden kann. In Guntersblum/Rheinland-Pfalz ging während eines Festes eine Gruppe Rechtsradikaler mit den Worten „Wir machen die Neger platt“ auf zwei Migranten aus Afrika los. Während dem einen Opfer eine Weinflasche auf den Kopf geschlagen wurde und noch auf den Körper eingetreten wurde, als dieser auf dem Boden lag, wurde das andere Opfer mit einem abgebrochenen Flaschenhals angegriffen und dessen Finger abgetrennt.
Natürlich kamen im Anschluss die rituellen Empörungen aus der Politik und die Forderung nach Sofortmaßnahmen und Sonderprogrammen. So wichtig es ist, Programme gegen den Rechtsextremismus zu fördern und so richtig es ist, Gewaltakte zu verurteilen, so heuchlerisch ist leider auch so manche Äußerung in diesem Rahmen. Denn die Politiker und Medien, die sich über den vollstreckenden Rassismus so entsetzt zeigen, setzen sich offensichtlich nicht mit der Frage auseinander, inwieweit manche selbst zum alltäglichen Rassismus beitragen. Die auflagenstärksten deutschen Medien – von der BILD-Zeitung bis zum SPIEGEL – bedienen regelmäßig rassistische Klischees von „arbeitsscheuen“ und tendenziell „kriminellen“, „gefährlich fremden“ Nichtdeutschen, genauso wie viele Politiker. So sollten sie sich nicht wundern, wenn die verbreiteten Bedrohungsszenarien bei vielen Menschen den Eindruck hinterlassen, es sei erforderlich, sich gegen die vermeintlich kriminellen, gefährlichen, nicht-integrationsbereiten „Ausländer“ zur Wehr zu setzten, um selbst überleben.
Mustafa Yeneroglu – Köln, 28.08.2007
Daß es in ganz Deutschland (und nicht nur da) Rassismus gibt, wird niemand wegdiskutieren wollen. Dennoch ist es ein erheblicher Unterschied, wie damit umgegangen ist. Zufällig war ich am Tag nach dem Vorfall auf dem Flugtag im benachbarten Oppenheim, wo sich auch der Bürgermeister von Guntersblum befand. Die Angelegenheit wurde dort keineswegs totgeschwiegen, sondern der Bürgermeister von Guntersblum forderte das Publikum auf, die Augen offen zu halten und Zivilcourage zu zeigen, wenn ein derartiger Vorfall erneut geschehen sollte oder sich anbahnt.
Im Gegensatz zu Mügeln hat die Bevölkerung wohl schnell und entschlossen reagiert, und auch die Poliei ließ nicht lange auf sich warten.
Ich schreibe jetzt hier einmal etwas, weshalb mir einige Leser mit Sicherheit „rechte Tendenzen“ unterstellen werden. Ich denke aber mal, dass Ekrem meine Einstellung mittlerweile gut genug kennt, um zu wissen, dass dem nicht so ist.
Ich stelle hier in letzter Zeit oft fest, dass sehr einseitig geschrieben wird und das ausländische Mitbürger prinzipiell als Opfer hingestellt werden und rassistische Übergriffe von Ausländern auf Deutsche ins Reich der Fantasie abgeschoben werden.
Ich weiß aber aus eigener Erfahrung, dass es auch eben solche Brennpunkte gibt, in denen man als Deutscher mit rassistischen Parolen und teilweise massiven Drohungen von ausländischer Seite rechnen muss. Ich will da mal zwei Beispiele anführen:
1. Ich bin einige Jahre als Fernfahrer für die UNO unterwegs gewesen und habe Hilfsgüter in Krisengebiete gefahren. In dieser Zeit sind wir eine eingeschworene, multinationale Truppe von Fahrern gewesen und irgendwann kamen wir auf die Idee, uns unsere Nationalflaggen mit dem entsprechenden Namen des Landes auf den Unterarm tätowieren zu lassen. Dementsprechend steht bei mir seit vielen Jahren „Germany“ in einer schwarz-rot-goldeen Flagge auf dem Unterarm. Wegen dieser Tätowierung, und nur deshalb, wurde ich von Ausländern, denen ich zum ersten Mal über den Weg lief sofort mit „Nazi-Schwein“, „rechte Sau“ und anderen Schimpfworten bedacht. Nicht selten ging das mit der Androhung von Gewalt einher, zweimal kam es auch tatsächlich zu körperlichen Ãœbergriffen. Erklärungsversuche brachten da gar nichts.
2. Ein anderes Beispiel aus der Praxis findet sich beispielsweise in der Stadt Düren. Dort gibt es unweit des Bahnhofs eine Straße, die gemeinhin auch als „Dönermeile“ bekannt ist. Tagsüber ist es gar kein Problem, dort lang zu gehen. Allerdings warnten mich mehrere Bekannte, nicht nach der Dämmerung durch diese Straße zu gehen. Ich tat das ganze als Humbug ab und ging trotzdem durch. Meine Tätowierung verbarg ich allerdings unter einer Jacke.
Schon nach 20 Metern machte mir eine Gruppe junger Türken deutlich klar, dass ich um diese Zeit in „ihrer“ Straße nichts verloren hätte und forderte mich nachdrücklich und unter Gewaltandrohung auf, umzukehren und diesen Straßenzug schnell zu verlassen. Da ich aus dem Alter raus bin wo ich mich prügeln muss, um mein Recht durchzusetzen, drehte ich um.
Solche Fälle werden hier gerne unter den Tisch fallen lassen, aber sie sind existent. Eben solche Fälle sind es aber auch, die oftmals Jugendliche in die Fänge rechter Organisationen treiben. Das Problem des wachsenden Rechtsextremismus ist, zumindest im Westen, zum Teil einer deutlichen Wechselwirkung zuzuschreiben. Allerdings kann ich das nicht auf den Osten anwenden, in dem der Ausländeranteil meines Wissens ja nicht so groß ist wie im Westen. Sollte ich mich da irren, korrigiert mich bitte.
@Ekrem
Ich hoffe, Du lässt mir diese deutlichen Worte durchgehen, aber das brennt mir seit einiger Zeit auf den Nägeln und musste einfach mal raus.
@ Farlion
Ich denke aber auch, dass Du mich mittlerweile gut genug kennst. Die Worte
wären nicht nötig gewesen.
Ich würde mich freuen, wenn ich Zusendungen von Lesern bekommen würde, die eben mal aus der „anderen“ Sicht die Lage beschreiben. Hauptsache leserlich und nicht unter der Gürtellinie. Wenn Du z.B. mir Dein Kommentar als Gastbeitrag geschickt hättest, hätte es gerne veröffentlicht. Das meiste ist ja schon geschrieben. Du kannst es mir immer noch zukommen lassen.
Die Probleme gibt es nun mal auf beiden Seiten. Ich bin nicht blind und sehe das ebenso.
Grüße
@ Farlion
Diese tatsachen die Sie hier ansprechen sind leider die Realität.
Und eins können Sie mir ruhig glauben , wir Türken sind über diese Umstände auch nicht begeistert.
Wenn aus der Familie oder aus dem Umfeld diese Personen auskundig gemacht werden , versucht man diese Jungenleute selber zur vernunft zu bringen.
Jedoch ohne erfolg , da diese dann bei Deutschenämtern oder Behörden schutz finden und somit sogar diese Negativaktionen unterstützen.
Wenn Sie heute Ihrem eigenen Kind eine Ohrfeige verpassen , müßen Sie aufpassen das Sie nicht vwegen Körperverletzung vor Gericht stehen.
Ich will das Schlagen auch nicht Salon fähig machen , jedoch jede Tat verdient eine Strafe und wenn es kleine Taten sind sollte man doch mit kleinen Strafen auch weiter kommen können ohne das die Polizei vor einem steht und denn kleinen Täter noch
schütz.
Der effekt ist der , das der kleine Täter somit vor großen Taten nicht abgeschreckt wird.
Aber zu unserem Hauptthema.
Wo gegen Sie sich wehren ist doch , das in Deutschland nicht alle Nazis sind , oder ?
Sehen Sie und somit ist auch jeder Türke nicht ein Barbar oder Kriminäller .
Oder ein jeder Moslem ist auch nicht ein Terrorist .
Und das ist das was wir auch versuchen zu erklären.
Auf der einen Seite wird der Islam mit irgendwelchen Zitaten so verdreht , das der der Koran sogar einen Bauplan für eine Bombe verteckt und auch noch zum Morden auf ruft.
Auf der anderen Seite wird jeder Türke zum Potenzielen Kriminällen abgestempelt weil irgendwelche Statistiken das so her geben.
Ist das Fair ?????
Wir brauchen keine Integrationsdebatte. Wir brauchen einen neuen Staat. Dessen Gesetz sollte sich am besten an türkische Gesetze anlehnen und Muslimen gleich einen „religonsfreiheitsbedingten“ Freibrief mitliefern. Darüber hinaus sollte Türkisch Zwangssprache werden damit das nachreisen der Familien erleichtert wird und man sich diverse Disskussionen beim nächsten Integrationsgipfel sparen kann. Natürlich sollten auch deutsche Frauen in zukunft Kopftuch tragen und sich somit solidarisch zeigen mit Frauen die aufgrund ihrers Glaubens nicht benachteiligt sein wollen. Schwimmbäder sollten nur noch Männern oder Frauen den Zutritt gestatten aber auf keinen Fall beiden gleichzeitig.
Ich frage mich immer warum Integration immer nur bedeutet das sich Deutschland anpassen muss? Ist es denn zuviel verlangt wenn man die Sparche des Landes lernt in dem man leben möchte? Ist es zuviel verlangt die Gesetze des Landes zu achten? Ist es zuviel verlangt sich an die Kulturellen gepflogenheiten anzupassen?
vielleicht noch als kurzer Nachtrag:
Integration sollte sich als Debatte darstellen und nicht als ständiges Fordern!
@ bastian
Mit türkischen Gesetzen werden Sie nichts von alledem erreichen. Weder haben Muslime in der Türkei einen Freibrief noch ist türkisch Zwangssprache, allenfalls Behördensprache. Das würden Sie aber wissen, wenn Sie eines der deutschen mit Zäunen umgebenen Parallelgesellschaften in Antalya besucht hätten, wo Dritten keinen Zugang haben. Kopftuch ist in der Türkei ebenfalls Tabu wenn es um den öffentlichen Dienst geht. Und in Schwimmbäder, die wenigen, die es gibt (8333 Km Küste), sind ebenfalls nicht getrennt. Falls Sie aber Interesse an solchen Badegelegenheiten haben, gibt es selbstverständlich Strände nur für Frauen oder Männer, so wie es in Deutschland in vielen Schulen und in vielen Bundesländern die Regel ist, dass Mädchen und Jungen getrennt Schwimmunterricht haben oder auch Bäder und Fitnessstudios in denen nur Frauen oder Männer Zugang haben.
Im Ãœbrigen bedeutet Integration nicht, dass Deutschland sich anpassen muss sondern beide. Ich empfehle Ihnen aber, sich mit dem Land, aus der die drei Millionen Türken kommen etwas näher kennen zu lernen um dann vielleicht auch in der Lage zu sein den „Türken“ kennen zu lernen. Das fördert die Integration ebenfalls ungemein.
Der Bezug zur türkische Gesetzgebung kam durch http://www.jurblog.de/2007/02/01/301-tuerk-stgb-vs-90a-stgb/ zustande, der religionsfreiheitbedingte Freibrief für Muslime durch http://www.jurblog.de/2007/01/07/bayvgh-schaechterlaubnis-fuer-muslimischen-metzger/.
Aber nun zu Ihrem Kommentar: Sie raten mir mich mit dem Land ausseinader zu setzen aus dem die drei Millionen Türken kommen – zur Förderung der Integration. Soweit so gut, nur was ist mit dem Rest der Migranten. Es gibt ja nicht nur Türken. Hier leben sehr viele Menschen mit teilweise extrem unterschiedlichem, und sich auch wiedersprechenden, kulturellem Background. Da wird es schwierig etwas zu finden was allen gemein ist. Aus meiner Sicht der einzige Ausweg aus diesem Problem ist sich auf das zu einigen was alle gemeinsam haben: Den Wunsch in Deutschland zu leben.
Falls diese Wunsch nicht gegeben ist brauch man über Integration nicht disskutieren. Falls doch so kann man sich auch guten Gewissens auf die deutsche Leitkultur beziehen da dies ja ganz offensichtlich der Wunsch aller ist. Insofern ist eine Betrachtung der Trükei sicher interessant und spannend, trägt aber nur bedingt zur Integrationsdebatte in Deutschland bei – es sei denn man möchte nicht Integration in die deutsche Gesellschaft sondern die Anpassung Deutschlands an türkische Gegebenheiten.
@ bastian
Sicher kann man sich nicht mit allen Länder auseinandersetzen. Mit der Türkei zumindest mal anzufangen, um die größte Ausländergruppe mal abzudecken, bietet sich allerdings an. Zumal Sie offensichtlich falsch informiert über die Türkei sind.
Der Wunsch, in Deutschland zu leben, ist anzunehmen. Schließlich werden Türken ja nicht angekettet, damit sie nicht weggehen.
Zur Leitkultur: Wie würde ein Bayer, ein Kölner und ein Berliner die Leitkultur definieren?
Die Definition der drei würde sicher sehr unterschiedlich ausfallen. Aber wenn man sich schon mal die Schwierigkeiten vor Augen hält die diese drei damit haben sich auf gemeinsame Grundwerte zu einigen. Wie schwierig – wenn nicht sogar unmöglich – wird es dann wenn man versucht auch noch Kulturen mit einzubeziehen die nicht diese regionale und historische Nähe aufweisen. Das Integration ohne ein Wertesystem auf das man sich einigt nicht funktionieren kann, darüber brauchen wir hoffentlich nicht disskutieren.
Ich gebe Ihnen recht, mein Bild der Türkei ist noch lückenhaft und in erster Linie geprägt durch das Bild das man hier in Deutschland von der Türkei bekommt. Vielleicht sollte aber genau dieser Punkt einem zu denken geben. Warum bekommt man hier ein solches Zerrbild wo doch eigentlich ideale Bedingungen herschen sollten. Drei millionen Menschen sollten doch genug sein um diese liberale Bild, das Sie in Ihrem vorhergehenden Kommentar gezeichnet haben wiederzugeben. Warum aber bekommt man ein eher religiös, fundamental geprägtes Bild?
@ bastian
Selbstverständlich nicht. Auch das Wertesystem ist im Grunde bereits selbstverständlich: das Grundgesetz – die Verfassung! Einigen wir uns darauf!
Weil Sie diejenigen sehen, die anders aussehen. Türken, denen Sie am Erscheinungsbild nicht ansehen, dass Sie Ausländer sind oder aus der Türkei kommen, registrieren Sie nicht. Die Kopftuchträgerin allerdings bohrt sich in Ihr Gehirn rein. Sie sind sensibilisiert dafür. Die Debatten der letzten Jahre haben dafür gesorgt, dass Sie die Kopftuchträgerin eher wahrnehmen.
Nur mal ein Extrembeispiel: Stellen Sie sich sich eine top gepflegte Frau mit tollem 3-Wetter-Taft-Frisur in einem Designer-Business-Anzug mit einer schicken Handtasche vor und daneben eine typisch kunterbunte Kopftuchträgerin. Wie viele Türken sehen Sie?
Ihr Extrembeispiel zielt darauf ab das das Bild das Deutsche von Türken haben durch Ausnahmen geprägt ist. Dies dürfte aber bei den angesprochenen drei Millionen nicht mehr der Fall sein – zumindest dürfte man dann nicht mehr von Ausnahmen sprechen.
Die Frage ist doch auch warum eben die 3-Wetter-Taft Frau nicht auffällt aber die Frau mit Kopftuch sehr wohl. Vielleicht ist genau das der Streitpunkt: Anpassung vs. Integration. Wieviel Anpassung braucht die Integration oder wieviel Anpassung darf man erwarten.
@ bastian
Sowohl vollkommene Integration als auch Anpassung sind unabdingbare Voraussetzungen für das friedliche Zusammenleben, wenn wir die Verfassung als Messlatte nehmen.
Nehmen wir allerdings äußere Erscheinungsformen, stehen wir vor dem Problem, wer sich wo und wie anpassen muss. In einem Dorf im tiefsten Niederbayern fällt die modische Kölnerin ebenso auf wie umgekehrt auch. Punks dagegen fallen überall auf und Dominas ebenso.
Die Verfassung garantiert die freie Entfaltung der Persönlichkeit. Gut für den Punk. Die Verfassung garantiert Religionsfreiheit. Gut für die Muslima mit Kopftuch. Die Verfassung verlangt keine bestimmte Kleidung. Gut für alle!
Die Frage nach Anpassung und Integration darf sich nicht auf äußeres fokussieren. Es gibt Werte, die sind wichtiger: Verfassungswerte. Passen wir uns dem an und einem friedlichen Zusammenleben steht nichts im Wege. Suchen wir uns andere, oberflächliche Anpassungspunkte, stellen wir auch dem Punk und der Domina ein Bein. Wollen wir das? Wollen wir diktieren, wer was anzuziehen hat? Wollen wir der äußeren Anpassung wegen die verfassungsmäßig garantierte freie Persönlichkeitsentfaltung opfern?
Die Debatte ist in meinen Augen künstlich und Polemik pur. Bitte auch Migranten im Geiste des freiheitlich demokratischen Rechtsstaats lesen.
Eigentlich wollte ich mich hier über das Für und Wieder von Äusserlichkeiten bei der Intergation auslassen, doch dem haben Sie hier mit Ihrem aktuellen Beitrag einen Strich durch die Rechnung gemacht. Ich halte Äusserlichkeiten zwar immer noch für den leichtesten Weg sich bewusst aus einer Gesellschaft auszugliedern aber vielleicht ist das wirklich das Kreuz das jede Muslima selbst tragen muss. Jeder ist seines Glückes Schmied und wenn Sie der Meinung sind das die freie Ausübung von Religion am besten dadurch Demonstriert wird das man sie bis zur Schmerzgrenze ausreizt und das wir der Integration am nächsten kommen wenn Migrantenvereine ihren Dickkopf durch perfekte Kenntniss der Gesetzeslage durchboxen dann werden wir uns hier wohl nicht einig. Ich hatte immer die Hoffnung das es auf ein Miteinander hinausläuft.
@ bastian
Verstehen wir uns bitte nicht falsch. Ich bin keineswegs der Meinung, dass man Religion durch Äußerlichkeiten demonstrieren muss. Nur sollten man äußerliche Unterschiede jedem zugestehen. Jeder ist seines Glückes Schmied. Doch sollten wir uns vielleicht fragen, ob das Kopftuch tatsächlich ein Grund zur Ausgrenzung darstellen sollte. Schließlich ist es für die Trägerin lediglich ein Gebot ihrer Religion. So viel Toleranz sollten wir in einer freiheitlich demokratischen Grundordnung zeigen können.
Verwechseln wir Querulanten nicht mit Dickköpfen. So lange der Dickkopf Recht hat, darf er auch dickköpfig auf sein Recht pochen. Ob dem im Falle der Migrantenverbände so ist, werden wir sicher noch erfahren.
Die Migrantenverbände haben nichts anderes gemacht, als gegen eine für sie nachteilige Maßnahme den Rechtsweg anzukündigen. Das ist legitim und zeigt, dass Sie den Geist des Rechtsstaates verinnerlicht haben. Dass es in anderen Ländern auch anders zugeht, haben wir oft genug erfahren.
Die Hoffnung habe ich nicht aufgegeben. Im Gegenteil! Doch kann das Miteinander nicht der sein, dass Minderheiten nichts gegen nachteilige Maßnahmen unternehmen dürfen und schweigen müssen. Zu einem Miteinander gehört schließlich, dass man sich verständigt und gegenseitig berücksichtigt. Dem war im Falle des neuen Zuwanderungsgesetzes nicht so, leider.
Vielleicht mal eine andere Frage: Wieviel Muslime verzichten zugunsten einer leichteren Integration auf ihr Kopftuch, und wieviele tragen es bewusst um zu zeigen das sie anders sind?
@ bastian
Puh … Die Frage kann ich nicht beantworten. Nur so viel: Ich kenne zumindest viele, die sich aus Scheu vor Abgrenzung gegen ein Kopftuch entscheiden. Eine, die durch den Kopftuch ihr „Anderssein“ zeigen möchte, kenne ich dagegen nicht.
Keine Muslima, so meine Einschätzung, trägt ein Kopftuch um sich auszugrenzen. Die meisten finden die Ausgrenzung traurig. Für sie ist ihr Kopftuch nur ein religiöses Gebot, dass sie aber nicht anders als andere macht. Unterm Kopftuch sind es „ganz normale“ Menschen. Ich finde es ja schon ein Unding, dass man das überhaupt erwähnen muss.
Ich bin keine Frau und kann das ganze sicher auch nicht so vermitteln. Daher empfehle ich einfach mal mit einer Kopftuchträgerin darüber zu diskutieren. Das dürfte sicher viel zum Gegenseitigen Verständnis beitragen.
Dafür, dass Sie die Frage nicht beantworten können war das doch eine recht klare Aussage: Muslimische Frauen fürchten die Ausgrenzung wenn Sie sich zu ihrem Glauben bekennen. Sie und diese Frauen scheinen kein gutes Bild von dem Land zu haben in dem Sie leben.
@ bastion
Das habe ich nicht geschrieben. Zwischen scheuen und fürchten gibt es gewisse Unterschiede für jemanden, der die deutsche Sprache kennt.
Und welches Bild vermittelt Ihnen diese Tatsache?
Danke für die Diskussion, die für mich hiermit beendet ist.
Man kann es drehen wie man’s will, wir werden uns wohl nicht einig.
Solange Sie Ihren Ãœberzeugungen treu bleiben liegen Sie zumindest nicht falsch!