Kurt Beck fordert Kommunalwahlrecht auch für Nicht-EU-Ausländer

3. August 2007 | Von | Kategorie: Politik | Keine Kommentare |

Nachdem der Mensch die Demokratie erfand, versucht nun die Demokratie den Menschen zu finden. Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck und Innenminister Karl Peter Bruch jedenfalls fordern laut „Die Zeit“, dass die Länder vom Bund die Möglichkeit erhalten sollen, auch den Menschen aus Nicht-EU-Staaten, die seit längerer Zeit legal in Deutschland leben, das Kommunalwahlrecht einzuräumen. „Wer die Integration von Ausländern aus Drittstaaten ernsthaft will, muss ihnen auch das Kommunalwahlrecht geben“, so Beck und Bruch.

Um diese Forderung zu verwirklichen wäre jedoch eine Verfassungsänderung notwendig. Aus Anlass der Ratifizierung des Maastrichter Vertrages wurde bereits im Jahr 1992 ein erster Schritt in Richtung „Kommunalwahlrecht für Ausländer“ unternommen. Der damals eingefügte Artikel 28 Abs. 1 Satz 3 GG eröffnet aber die Teilnahme an Kommunalwahlen lediglich den in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Staatsangehörigen von Mitgliedstaaten der EU. Darin heißt es, dass bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar sind.

Die von Beck angesprochene Ungleichbehandlung von Ausländern führt in der Tat bei nüchterner Betrachtung zu unsachgemäßen Ergebnissen. Während ein EU-Ausländer, auch wenn er neu in die Bundesrepublik eingereist ist, ein kommunales Wahlrecht besitzt, darf beispielsweise der in Deutschland geborene und aufgewachsene Türke nicht zur Wahlurne gehen. 1,4 Millionen oder 21% aller im Ausländerzentralregister geführten Ausländerinnen und Ausländer wurden in Deutschland geboren. Personen mit türkischer Staatsangehörigkeit liegen hier mit einem Anteil von 34% deutlich über dem Gesamtdurchschnitt.

Trotz dieser kommunalen Schieflage scheint eine Umsetzung von Becks Forderungen allerdings schwierig. Die SPD, die immer wieder mal gerne etwas für Ausländer fordert, sich allerdings im Bundestag meist gegen die CDU nicht durchsetzen kann, wird Rückgrat beweisen müssen. Die Bundesregierung hatte nämlich bereits im April 2007 bekannt gegeben, dass sie derzeit keinen Weg für ein Kommunalwahlrecht für Ausländer aus Nicht-EU-Staaten sehe. Dies erfordere eine Verfassungsänderung. Die erforderliche Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat sei aber „nicht absehbar“.

Stimmt! Für die erforderliche Zweidrittelmehrheit wären die Stimmen von CDU/CSU notwendig. Dieses „wir-können-nichts-dafür“ oder auch „würden-gerne,-können-aber-nicht“ Argument wird sich allerdings nicht mehr lange halten, da bereits die Mehrheit der EU-Staaten ihren Ausländern das Wahlrecht auf kommunaler Ebene ermöglicht haben und durchweg von positiven Erfahrungen berichten.

Selbstverständlich wird – wir kennen die Unionsparteien nur zu gut – ausreichend Druck – insbesondere auch aus den eigenen Reihen – von Nöten sein, wie beispielsweise von der Vizepräsidentin des Deutschen Städtetages, der Frankfurter Oberbürgermeisterin Petra Roth, die sich bereits Anfang April für das kommunale Ausländerwahlrecht ausgesprochen hatte.

Auch wegen der mit Lippenbekenntnissen vollgepackten Einbürgerungspolitik der Bundesregierung – Einbürgerungskampagnen auf der einen, neue Einbürgerungshürden auf der anderen Seite -, die überwiegend und immer mehr darauf abzielt, nur wirtschaftlichautarke Ausländer an die Wahlurnen zuzulassen, ist ein kommunales Wahlrecht zwingend notwendig, wenn man die Gesamtheit an die hiesige Grundordnung heranführen und ein Zusammengehörigkeitsgefühl an alle vermitteln möchte. Nicht nur die Botschaft an Minderheiten, „ihr gehört dazu“, insbesondere auch das Signal an die Mehrheitsgesellschaft, „sie gehören dazu“ wird in Anbetracht der jährlich steigenden rechtsextremistischen Gewalttaten immer wichtiger.

Schließlich hätte die Realisierung des Wahlrechts für Ausländer auch einen großen Effekt im Hinblick auf die Integration. Viele Kommunalpolitiker wären überfälliger weise gezwungen, die demographische Wirklichkeit Deutschlands zu akzeptieren, auf die Bedürfnisse und Probleme der über sieben Millionen Ausländer einzugehen, sich diese anzuhören und sich für die Lösung ihrer Probleme einzusetzen.

Ekrem Senol – Köln, 02.08.2007

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