Juristen und Fussball – Der Fall Torsten Frings

5. Juli 2006 | Von | Kategorie: Leitartikel | Keine Kommentare |

Ich war erstaunt, als ich im RA-Blog oder im Recht und Film Blog laß, dass die Verfasser, beide Juristen, nicht nachvollziehen konnten, dass Torsten Frings von der FIFA für ein Spiel und für ein weiteres auf Bewährung gesperrt wurde. Nachdem ich die Fernsehaufzeichnungen sah konnte ich die ganze Aufregung nicht verstehen. Die Fernsehbilder sind eindeutig.

Im Artikel 48 des FIFA-Disziplinarreglements heißt es schlicht:

Ein Spieler, der absichtlich eine Tätlichkeit an einer anderen Person begeht, ohne sie dabei zu verletzen, wird für mindestens zwei (2) Spiele gesperrt.

Und es sei nicht so, dass die FIFA in ihrem Urteil nicht berücksichtigt hätte, dass es da durchaus eine Vorgeschichte gab. Weshalb sie die Sperre für das zweite Spiel zur Bewährung ausgesetzt hat (mit Dank an BILDblog):

„Der Spieler der deutschen Nationalmannschaft, Torsten Frings, ist heute von der FIFA-Disziplinarkommission für zwei Spiele gesperrt worden. Auf Grund einer zuvor erfolgten gegnerischen Provokation wurde die Sperre für das zweite Spiel auf sechs Monate zur Bewährung ausgesetzt.“

Die Bewährung wird im Spiegel in einem Kommentar von Christian Gödecke gerügt.

„Raum für „Bewährung“ lässt dieser Paragraf nicht, und genau das ist auch das Problem. Frings hat – expressis verbis – eine Tätlichkeit begangen, und zwar am Spieler Cruz, der alles andere tat als den DFB-Kicker zu provozieren. Dafür gehörte er zwei Spiele gesperrt, oder gar nicht. Mit ihrem Weichspüler-Urteil hat die Fifa stattdessen eine lex frings geschaffen, sie hat ihn bestraft, aber nicht so hart, wie er es per definitionem eigentlich müsste. Nun muss sich der Weltverband Fragen gefallen lassen. Was taugen Paragrafen, wenn man sich nicht an sie hält?

Ich meine, dass Herr Gödecke vom Spiegel sich Fragen gefallen lassen muss. Was kommt dabei raus, wenn Sportreporter in Paragrafen lesen?

Im Artikel 33 Abs. 1 heißt es nämlich ausdrücklich, dass die Instanz, die die Spielsperre verfügt, prüfen muss, ob ein Teil der Strafe zur Bewährung ausgesetzt werden kann. Und im Abs. 3 steht, dass die Hälfte der Sanktion jedenfalls verbüßt werden muss (mit Dank an das Strafblog, dass vorbildlich vor- und nachgeht).

Des weiteren beschweren sich einige Herren darüber, dass die FIFA das Ermittlungsverfahren zu spät aufgenommen habe und die Sperre zu spät verkündet worden sei aufgrund von Fernsehbildern, deren Verwendung nach Ansicht des „Recht und Film“ Blogs „nicht dem Rechtsempfinden entsprechen“ würden:

„Laut dem ZPO-Kommentar von Baumbach u.a. Ãœbers § 371, Rn. 17, 62. Aufl.: seien beim geringsten Anzeichen einer möglichen elektronischen Bildbearbeitung wegen ihrer Manipulationsgefahren größte Zurückhaltung bei der Auswertbarkeitsfrage geboten.“

Dazu nur mal zwei Beispiele: Die UEFA verhängte eine Sperre gegen Alex Frei in der „Spuck-Affäre“ erst, als vier Tage nach der Aktion im Spiel gegen Englands Steven Gerrard die entscheidenden und entlarvenden Bilder auftauchten. Auch damals hatten die Host-Broadcaster die Aufnahmen gemacht und sie dann dem Schweizer Fernsehen zur Vefügung gestellt. Italiens Francesco Totti war kurz zuvor nach seinem Spucken gegen den Dänen Christian Poulsen von den Bildern eines dänischen Privat-Senders überführt worden.

Merkwürdig, dass es Betreiber juristischer Blogs gibt, die, wenn es darauf ankommt, in ZPO Kommentaren recherchieren, und solche, die nicht einmal das FIFA Regelement zu Rate ziehen, wenn es passen soll/muss. Aber so sind wohl fast alle Juristen.

Ekrem Senol – Köln, 05.07.2006

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