Rückwirkung von Kindergeldansprüchen nach der Neuregelung
13. März 2006 | Von E. S. | Kategorie: Recht | Keine Kommentare |Mit Beschlüssen vom 6.7.2004 (1 BvL 4/97 und 1 BvR 2515/95) hat das Bundesverfassungsgericht den Gesetzgeber aufgefordert bis zum 1.1.2006 den gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verstoßenden und daher verfassungswidrigen Ausschluss von erwerbstätigen Ausländern mit Aufenthaltsbefugnis vom Kindergeld zu beseitigen. Dem ist das Bundeskabinett nachgekommen und hat einen Gesetzesentwurf (Bundesrats-Drucksache 68/06 vom 27.01.06) vorgelegt.
Demnach sollen rückwirkend ab 1.1.2006 nun auch Ausländer mit Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen (§§ 22, 23, 23a, 25 III-V AufenthG) einen Anspruch auf Kinder- und Erziehungsgeld sowie Unterhaltsvorschuss erhalten, sofern ihnen eine konkrete Beschäftigung, generell die Erwerbstätigkeit oder die selbständige Tätigkeit erlaubt ist.
Ausgeschlossen sollen Ausländer mit Aufenthaltserlaubnis:
- aber ohne Erlaubnis zu einer Erwerbstätigkeit.
- nach §§ 16 oder 17 AufenthG. Diese sollen den Anspruch nach 5 Jahren Aufenthalt erhalten, sofern sie dann in Deutschland berechtigt erwerbstätig sind, laufende Geldleistungen nach SGB III beziehen oder Elternzeit nach BErzGG in Anspruch nehmen.
- nach § 18 II AufenthG, entgegen bisheriger Regelung, ausgeschlossen werden.
- nach §§ 24 und 25 IV S. 1 AufenthG sowie mit Duldung und Aufenthaltsgestattung.
In der Regel kann Kindergeld rückwirkend für das Jahr des Antragsdatums und die letzten 4 Kalenderjahre (bei Erziehungsgeld sechs Monate und Unterhaltsvorschuss einen Monat) vor dem Antragsdatum beansprucht werden, §§ 169, 170 Abgabenordnung. Zudem kann das Kindergeld für den Zeitraum ab Antragsdatum beansprucht werden. Der Gesetzentwurf jedoch spricht den Kindergeld-Anspruch im Regelfall erst ab 1.1.2006 zu.
Ein rückwirkender Anspruch von Ausländern, die die Voraussetzungen nach der Neuregelung erfüllen, kann nach dem Gesetzentwurf nur geltend gemacht werden, wenn ein Antrag auf Kindergeld vor Inkrafttreten der Neuregelung gestellt und bei Inkrafttreten noch nicht bestandskräftig abgelehnt wurde.
Gegen eine Ablehnung des Kindergeldes kann Einspruch (Widerspruch bei Erziehungsgeld und Unterhaltsvorschuss) eingelegt werden (Vorsicht: Wer kein Einspruch/Widerspruch einlegt, wird dessen Ablehnung bestandskräftig). Wird der Einspruch abgelehnt, besteht die Möglichkeit Klage beim Finanzgericht (Klage auf Erziehungsgeld beim Sozialgericht, auf Unterhaltsvorschuss beim Verwaltungsgericht) zu erheben, verbunden mit einem Aussetzungsantrag, bis die Neuregelung in Kraft tritt.
Ekrem Senol – Köln, 13.03.2006