Anwendungshinweise des Innenministeriums Baden-Württemberg zum Gesinnungstest
12. Januar 2006 | Von E. S. | Kategorie: Leitartikel | Keine Kommentare |Am 10.01.2006 erklärte die baden-württembergische Regierung in einem offiziellen Statement: „Der Leitfaden sei … ein Beitrag zu Integration und Vermeidung von Parallelgesellschaften… Im Ãœbrigen sei der Einbürgerungsbehörde in der Regel die Religion des Bewerbers gar nicht bekannt, und der Gesprächsleitfaden erwähne weder den Islam noch eine andere Religion.“
In den Anwendungshinweisen des baden-württembergischen Innenministeriums zum Fragenkatalog für Behörden werden „Muslime“ dagegen ausdrücklich erwähnt und – entgegen offiziellen Statements – von einem generellem Verdacht ausgegangen.
In einer Pressemitteilung vom 05.01.2006 führt die baden-württembergische Regierung aus: „Der Gesprächsleitfaden solle den Einbürgerungsbehörden diese Prüfung erleichtern, sie seien also nicht an Wortlaut und Umfang des Leitfadens gebunden.“ In dem Anwendungshinweis wird dagegen beispielhaft erläutert, wann ein Einbürgerungsbewerber nicht eingebürgert werden soll.
Beispielhaft in dem Anwendungshinweis:
- „Ich bin dafür, dass manche Berufe nur Männern und Frauen vorbehalten sein sollen. Dies wird schon alleine gerechtfertigt durch den physiologischen Unterschied zwischen Mann und Frau.“
- Das Innenministerium führt aus, dass diese Aussage eindeutig mit der Gleichberechtigung von Mann und Frau nicht vereinbar sei. Wenn der physiologische Unterschied tatsächlich im Einzelfall eine Rolle spielen würde, müsse der Mann oder die Frau selbst entscheiden, ob er bzw. sie den Beruf ergreifen will.
Ich führe dazu § 611a Abs. 1 Satz 2 BGB aus: Eine unterschiedliche Behandlung wegen des Geschlechts ist zulässig, soweit eine Vereinbarung oder eine Maßnahme die Art der vom Arbeitnehmer auszuübenden Tätigkeit zum Gegenstand hat und ein bestimmtes Geschlecht unverzichtbare Voraussetzung für diese Tätigkeit ist.
oder
- „Der Einbürgerungsbewerber betreibt seit 15 Jahren eine Änderungsschneiderei und möchte gerne, dass seine volljährige Tochter diese übernimmt. Diese will jedoch partout Schauspielerin werden und zeigt außerdem Neigungen zu einem Mann, der dem Vater (aus guten Gründen) nicht passt. Dieser schimpft nun im Gespräch mit der Einbürgerungsbehörde auf die Respektlosigkeit seiner Tochter und lässt keinen Zweifel daran, dass er die Schauspielerei ebenso wenig zulassen werde wie die Verbindung mit dem besagten Mann.“
- Dazu wird ausgeführt, dass der Vater keinen Respekt zeige vor der eigenen Persönlichkeit der Tochter. Seine Sorge sei zwar verständlich, aber er müsse sich damit abfinden, dass nach unserer Rechts- und Werteordnung erwachsene Kinder selbst entscheiden, welchen Beruf sie ergreifen und wen sie heiraten.
Dazu führe ich aus, dass die Reaktion wohl „aus guten Gründen“ erfolgt ist.
Sicher ist letztendlich, dass der Schaden, den die baden-württembergische Regierung mit dem Gesinnungstest verursacht hat, wieder einmal größer ist als der Nutzen.
Dr. Johannes Rux stellt daher zu Recht die Frage: „Will das Land Baden-Württemberg so zur Integration beitragen?“ und erläutert: „Tatsächlich wird auch diese Massnahme dazu beitragen, dass die Vorbehalte gegenüber Muslimen wachsen. Je weniger willkommen sich die in Deutschland lebenden Muslime fühlen, desto größer wird aber ihr Bedürfnis werden, sich abzugrenzen. Und damit haben wir den Teufelskreis, den wir seit einigen Jahren erleben.“
Ekrem Senol – Köln, 12.01.2006