Klagen gegen Rücknahme der Einbürgerung erfolgreich
9. November 2006 | Von E. S. | Kategorie: Leitartikel | Keine Kommentare |Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat mit zwei Urteilen zu Rücknahmen von Einbürgerungen zugunsten der Eingebürgerten entschieden.
Der eine Fall betraf die Klage eines Pakistaners, dessen Einbürgerung das Land Berlin im Juni 2002 wegen arglistiger Täuschung zurückgenommen hatte, weil er bei seiner Einbürgerung im Jahre 1993 gegenüber den Einbürgerungsbehörden eine in Pakistan geschlossene Zweitehe verschwiegen haben soll. Das Verwaltungsgericht Berlin hatte seiner Klage stattgegeben, weil es an einer gesetzlichen Grundlage für die Rücknahme der Einbürgerung fehle.
Der zweite Fall betraf ein im Juli 1994 eingebürgertes Ehepaar, von dem die Behörden annahmen, dass es sich um staatenlose Kurden aus dem Libanon handele. Ihre Einbürgerung war im April 2004 bzw. per Juli 2006 zurückgenommen worden, weil sie ebenfalls über das Vorliegen der Einbürgerungsvoraussetzungen getäuscht haben sollen. Diese Klage hatte das Verwaltungsgericht Berlin abgewiesen, da das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG 1 C 19.02) zwischenzeitlich entschieden hatte, dass eine Einbürgerung auf der Grundlage des allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes zurückgenommen werden könne.
Nachdem nunmehr das Bundesverfassungsgericht jüngst – in seinem Urteil vom 24. Mai 2006 (2 BvR 669.04) – die Voraussetzungen festgestellt hat, unter denen erschlichene Einbürgerungen zurückgenommen werden können, hatten die beiden Klagen in zweiter Instanz Erfolg. Bezug nehmend auf die vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Anforderungen hat der 5. Senat des Oberverwaltungsgerichts ausgeführt, dass eine erschlichene Einbürgerung danach auf der Grundlage des derzeit geltenden Rechts – vor allem des allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes – nur zurückgenommen werden könne, wenn die Rücknahme insbesondere zeitnah erfolge. Dies treffe aber für beide Fällen nicht zu, nachdem seit der Einbürgerung bis zu ihrer Rücknahme in dem einen Fall achteinhalb und in dem anderen knapp zehn bzw. sogar zwölf Jahre vergangen seien.
Die Entscheidungen sind nicht rechtskräftig, weil der 5. Senat wegen der Rechtsgrundsätzlichkeit der Angelegenheit die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zugelassen hat.
Urteile vom 19. Oktober 2006 – OVG 5 B 15.03 und 5 B 1.05 –
Quelle: Berlin.de
Die vom Bundesverfassungsgericht offen gelassene Frage, was denn „zeitnah“ bedetuen soll, wird langsam ausgefüllt. Nach dem OVG Berlin-Brandenburg sind achteinhalb Jahre jedenfalls zu lang.
Ekrem Senol – Köln, 09.11.2006