Merkel, Chirac, ein Bierkrug, Napoleon und die Osmanen

27. März 2007 | Von | Kategorie: Feuilleton | 12 Kommentare |

Würde ich türkische Zeitungen nicht lesen, wäre die Meldung spurlos an mir vorbeigegangen. In der deutschen Medienlandschaft hat ein Detail kaum Erwähnung gefunden. Lediglich in der „Thüringer Allgemeine“ wird es nebenbei erwähnt.

Es geht um das Geschenk, den Angela Merkel Jacques Chirac gemacht hat. Es handelt sich dabei um einen Bierkrug aus dem Jahr 1710 mit einem Deckel von 1799. Nichts dabei, könnte man auf den ersten Blick meinen. Auf dem Humpen des Kruges ist allerdings Napoleon dargestellt nach einem Kampf gegen die Osmanen.

Einigen türkischen Tageszeitungen lässt das viel Raum für Interpretationen. So wird die „nette“ Geste Merkels als ein Signal an Chirac verstanden, die Erweiterungspolitik der EU in Bezug auf die Türkei zu überdenken. Na dann, wohl bekommts und Prost!

Ekrem Senol – Köln, 27.03.2007

12 Kommentare
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  1. Genauso taktvoll, wie Moscheen in Deutschland nach dem Eroberer von Konstantinopel zu benennen. Was soll ein Deutscher bei soetwas empfinden?

  2. Das nennt man:
    „Aus einer Mücke einen Elefanten machen.“

    Gruß,
    Volker K.

  3. @ Martin
    Wieso meinen Sie, dass das Deutsche als taktlos empfinden müssten?

    @ Volker
    Ein türkisches Sprichwort sagt, dass eine Fliege zwar klein ist aber trotzdem den Appetit verdirbt. 😉

  4. Ein muslimischer Kriegsherr wie Mehmet II „Fatih“ („Eroberer“), der einem christlichen Königreich den Todesstoss versetzt hat und die größte christliche Kirche in eine Moschee umwandelte, ist kein Symbol von Verständigung und Integration. Wie würden Sie es empfinden, wenn christliche Kirchen in der Türkei nach berühmten Kreuzrittern benannt würden?

    http://de.wikipedia.org/wiki/Fatih-Moschee

    Aber die Namenswahl hat ja nichts zu bedeuten, oder?
    Und Sie regen sich über einen Krug auf…

  5. http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,474298,00.html

  6. Moscheen werden seit jeher sehr oft nach Sultanen benannt, das hat sich gewissermaßen so eingebürgert. Daher benennt man die in Deutschland gebauten Moscheen auch gerne in Anlehnung an die großen Moscheen in der Türkei nach diesen. Man kann einer solchen Namensgebung daher nicht ohne weiteres provozierenden Motive unterstellen. Anders mag es für deutsche Kirchen sein, deren Namensgebungen traditionell nach anderen Schemas ablaufen. Außerdem, so wie man Friedrich den Großen nicht nur zu einem Feldherren, kann man Fatih Sultan Mehmet II. auch nicht nur in seine Eigenschaft als Eroberer Istanbuls reduzieren. Das sind herausragende und identitätsstiftende Persönlichkeiten für ein Volk. Und selbstverständlich ist es wohl nicht unberechtigt von Geschenken unter Staatsmännern bzw. Staatsfrauen gewisse symbolische Aussagen ableiten zu wollen.

  7. @ Martin
    Ich schließe mich hier einfach mal dem Ömer an.

  8. Mann, die türkische Presse ist aber schon peinlich, oder?

    Nach Angaben eines deutschen Regierungssprechers beruht der Ärger aber offenbar auf einem bedauerlichen Missverständnis. Der um 1710 hergestellte Krug habe ein florales Dekor, sagte er. Auf dem Deckel sei die Jahreszahl 1799 eingraviert, vermutlich weil der Krug in dem Jahr verschenkt worden sei. Außerdem trage er ein Besitzermonogramm.

    Erinnert mich irgendwie an die türkischen Attacken auf die Papstrede (ohne sie gehört oder gelesen zu haben) und die Berliner Datenschutzklausel…

    @Ekrem
    Wie wärs mit einer Rubrik „türkische (Zeitungs)Ente des Tages“ oder so?

  9. @ Maria
    Was haben Sie den erwartet.
    Das ein Regierungsprecher dieses Missverständnis stützt indem er dieses bestätigt.
    Klar wird diese mit Händen und Füßen von sich gewiesen.
    Ausserdem sieht man an Martin das ein Symbol oder Name schon ernst genommen wird.
    Waren Sie nicht diejenige die die Deutsche Politik kritisiert hatte , und jetzt wollen Sie uneingeschränkt deren Aussage glauben.
    Interessant.

  10. @ Maria

    Ãœber peinliche Presseberichte schreibe ich doch schon genug.

  11. Irgendwie sehe ich da einen Unterschied, ob einem das Foto zum Artikel nicht gefällt, oder ob ein inhaltlich falscher Zeitungsartikel erscheint obwohl man die Fakten vorher hätte überprüfen können!

    Ich finde ja letzteres erheblich tadelnswerter…

    Wie siehts denn nun mit der Rubrik „TÃœRKISCHE Enten“ aus?
    Heute schon in die Hürriyet geschaut?
    😉

  12. @ Maria

    Ich habe mir die Zeit genommen und in der Hürriyet geblättert. Und siehe da. Ich habe tatsächlich etwas gefunden. Vielen Dank für den Hinweis 🙂

    Die Ente suchte ich jedoch vergeblich. Falls ich etwas übersehen haben sollte, würde ich mich über einen Hinweis freuen.

 

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