Einbürgerungen auf Rekordtief
4. Juli 2008 | Von E. S. | Kategorie: Gesellschaft, Leitartikel | Ein Kommentar |Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes wurden in Deutschland im Verlauf des Jahres 2007 rund 113 000 Ausländerinnen und Ausländer eingebürgert. Das waren 11 800 Einbürgerungen weniger als im Vorjahr (– 9,5%). Im Jahr 2000 hatten die Einbürgerungen mit der Einführung des neuen StaatsangehörigÂkeitsrechts den Höchststand von knapp 186 700 Personen erreicht. In den Folgejahren nahm ihre Zahl jeweils ab, lediglich unterbrochen von einer Zunahme um + 6,5% im Jahr 2006.
Land:
Einbürgerungen:
Anteil in %:
Veränderung
zum Vorjahr:Türkei Serbien, Montenegro
28Â 861 10Â 458
25,5 9,3
– 13,6 % – 17 %
Polen 5 479 4,8 – 20,7 % Ukraine 4 454 3,9 – 1,8 %
Irak 4 102 3,6 + 11,1 %
Russische Föderation 4 069 3,6 – 13 %
Rumänien 3 502 3,1 + 154 %
Marokko 3 489 3,1 – 1,6 %
Iran 3 121 2,8 – 14,8 %
Afghanistan 2 831 2,5 – 7 %
Angesichts der veröffentlichten Einbürgerungsstatistik hat Integrationsministerin Maria Böhmer notgedrungen einen positiveren Umgang mit dem Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit gefordert. „Wir müssen mehr dafür werben, dass Ausländerinnen und Ausländer, die über Jahre in Deutschland leben und arbeiten und sich Zukunftsperspektiven in unserem Land aufgebaut haben, die deutsche Staatsbürgerschaft annehmen.“
Nicht umsonst! Müsste man der Bundesregierung ein Arbeitszeugnis ausstellen hinsichtlich der Einbürgerungspolitik, könnte man trotz vorgeschriebener wohlwollender Formulierung nicht umhin kommen, eine desolate Arbeitsleistung zu bescheinigen. Zwischen Anspruch (hohe Einbürgerungszahlen) und Wirklichkeit (Rekordtief seit Amtsantritt) ist so viel Raum, dass dort alle Ausländer Deutschlands ausreichenden Wohnraum zur Verfügung hätten, die bei der Anspruchseinbürgerung verlangt wird.
Maria Böhmer überraschte aber auch – so selbstverständlich und banal die Feststellung auch sein mag: Erst mit der Einbürgerung erlangten Ausländer die vollen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.
Diese Aussage steht im eindeutigen Widerspruch der bis heute vertretenen CDU-Linie, wonach die Einbürgerung den krönenden Abschluss des Integrationsprozesses darstelle und nicht den Weg dahin. Wenn Menschen aber erst nach der Einbürgerung volle staatsbürgerschaftliche Rechte und Pflichten erhalten, stellt sich im Umkehrschluss die logische Frage, wie der Integrationsprozess seinen krönenenden Abschluss mit der Einbürgerung bekommen soll, wenn doch der volle Umfang von staatsbürgerlichen Rechten und Pflichten erst mit der Einbürgerung beginnt.
Böhmer fügte hinzu: „Wer einen Antrag auf Einbürgerung stellt, zeigt damit deutlich, dass er Ja zu unserem Land sagt. Dieses Zugehörigkeitsgefühl ist ein Ausdruck gelungener Integration. Migrantinnen und Migranten, die die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllen und den Schritt in die deutsche Staatsangehörigkeit gehen möchten, sollten dabei alle Unterstützung der Behörden erfahren.“
Diese Aufforderung Frau Böhmers an die Behörden, ist an Dreistigkeit wohl kaum mehr zu überbieten. Nun sollen Behörden den Karren aus dem Dreck ziehen, wo sie doch lediglich damit beauftragt sind, Recht und Gesetz anzuwenden, den die Bundesregierung immer weiter verschärft hat. So positiv sich diese Aufforderung auch Anhört, die rückläufigen Einbürgerungszahlen sind das logische Ergebnis der Einbürgerungspolitik der Bundesregierung.
Die Reform im Staatsangehörigkeitsrecht im Jahre 2000 und zahlreiche Nachjustierungen in den Folgejahren – stets zu Lasten der Einbürgerungsbewerber, gefolgt von Gesinnungs- und Einbürgerungstests haben bei Migranten die grundsätzliche Frage aufgeworfen, ob Einbürgerungen überhaupt noch gewollt sind. Wenn heute der Einbürgerungsbewerber einen Antrag stellt, bekommt er jedenfalls nicht das Gefühl, als habe auch Deutschland „Ja“ zu ihm gesagt. Für sein Signal des „Zugehörigkeitsgefühls“, bekommt der Einbürgerungsbewerber grundsätzlich Misstrauen zu spüren. Er wird in jeder Hinsicht einer strengen Prüfung unterzogen.
Immerhin versucht Frau Böhmer die Reformen ab dem Jahre 2000 im Staatsangehörigkeits- und Ausländergesetz der Öffentlichkeit nicht mehr als Integrationspolitischen Erfolg zu verkaufen, wie sie es all die Jahre zuvor noch getan hat. Sie scheint etwas bemerkt zu haben: Wer seine Bürger für so dumm hält, darf sich nicht wundern, wenn immer weniger die Staatsbürgerschaft beantragen.
Angesichts des neu eingeführten bundesweit einheitlichen Einbürgerungstests wird sich der Negativtrend auch in den nächsten Jahren fortsetzen. Hoffnung auf eine Abkehr von der bisherigen Einbürgerungspolitik gibt es dennoch nicht. Schließlich reagieren die Verantwortlichen auf die seit Jahren rückläufigen Einbürgerungszahlen mit immer neuen Hürden, als wäre das gewünschte Ergebnis nicht die Einbürgerung, sondern das Gegenteil.
Nicht umhin kommt Maria Böhmer aber, um auch auf einen weiteren sehr wichtigen Aspekt der Einbürgerung aufmerksam zu machen: „Einbürgerung bringt Deutschland auch wirtschaftliche Vorteile“.
Natürlich! Schließlich bringt eine Einbürgerung pro Nase 255 € ein.
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Bin mal gespannt wie es wird wenn der Einbürgerungstest mal richtig durchgezogen wird. Alle Fragen und Antworten kann man hier finden: http://einbuergerung.my-guide.org