Umfrage: Deutschpflicht für Hartz-IV-Migranten?

13. April 2008 | Von | Kategorie: Gesellschaft | Ein Kommentar |

In dem Eckpunkte-Papier des Bundesarbeitsministers Olaf Scholz (SPD) heißt es nach einem Bericht (Focus Online) über Hartz IV:

Alle Personen mit Migrationshintergrund, die nicht über die für eine Erwerbstätigkeit notwendigen Grundkenntnisse der deutschen Sprache verfügen, sind zur Teilnahme an einem Sprachkurs des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge als vorrangige Eingliederungsmaßnahme zu verpflichten.

ArbeitsamtDie Neuregelung soll ab dem 1. Januar 2009 gelten, zusammen mit einer Reihe von Neuregelungen, wie beispielsweise ein Rechtsanspruch auf das Nachholen eines Hauptschulabschlusses.

Da es sich hierbei noch um Eckpunkte handelt und nichts näheres bekannt ist – beispielsweise bezüglich der möglichen Sanktionen -, ist es schwierig, sich seine Meinung dazu zu bilden. Dennoch möchte ich hier die Gelegenheit nutzen und die ersten Reaktionen einholen.

Für meinen Geschmack wäre es richtig gewesen, wenn man die Deutschpflicht nicht auf Menschen mit Migrationshintergrund zugeschnitten hätte. Dies birgt meines Erachtens drei Risiken und einen klaren Vorteil mit sich.

Die Medien

Das erste Risiko hat sich bereits verwirklicht: die Ãœberschrift bei Focus Online. Das Wort Wort „Ausländer“ hätte durch „Migranten“ ersetzt werden müssen, was korrekter gewesen wäre. Schließlich soll unter die Regelung auch fallen, wer bspw. eingebürgert ist aber dennoch kein Deutsch spricht.

Assoziationen & Spaltung

Das zweite Risiko hat sich sicherlich bereits teilweise verwirklich: Menschen mit Migrationshintergrund erscheinen durch solche Gesetze wie unwilliger Ballast für die Gesellschaft. Schöner, effektiver und richtiger wäre es gewesen, wenn man die Deutschpflicht nicht am Migrationshintergrund festgemacht hätte. Schließlich ist auch ein Eingebürgerter ein Deutscher, ob mit oder ohne Migrationshintergrund.

So lange die Spaltung auch nach der Einbürgerung anhält, wird Deutschland es nie erreichen, dass sich auch „Menschen mit Migrationshintergrund“ mit Deutschland auch emotional verbunden fühlen und eine gewisse Loyalität aufbauen. Auch wenn dies immer wieder betont und gefordert wird, der Weg dorthin führt über Gleichbehandlung und nicht über Abspaltung.

Deutschpflicht für alle

Der dritte Punkt ist, dass es auch deutsche ohne Migrationshintergrund gibt, die der Sprache nicht mächtig sind. Zur Vermittelbarkeit eines Arbeitslosen ist nicht nur der Repertoire der Vokabeln ausschlaggebend, sondern auch die Fähigkeit, diese ordentlich und verständlich aneinanderreihen zu können. Hinzu kommen sicherlich auch äußerliche Faktoren wie das richtige Auftreten, die Einstellung, eine Arbeit aufnehmen zu wollen etc.

Dass die Sprache allein nicht unbedingt zu Arbeit führt, haben die ursprünglich als Gastarbeiter eingereisten Menschen eindrucksvoll bewiesen. Es gab so gut wie keine Arbeitslosigkeit unter ihnen, geschweige denn eine Quote, obwohl sie damals weit weniger Deutsch konnten als heute.

Der Vorteil

Eine staatlich geförderte Fortbildungsmaßnahme, die nicht in allen Ländern üblich und selbstverständlich ist. Nutzt sie!

Die Umfrage

Was denkst Du darüber? Sollen Menschen mit Migrationshintergrund zu einem Deutschkurs verpflichtet werden?

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Bildmaterial © Moe

Ein Kommentar
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  1. Ich kann mich nicht entscheiden – aus folgendem Grund: diese Regelung wird zwar anscheinend erst jetzt ins Gesetz gefasst, es wurde aber schon danach vorgegangen. In meinem Bekanntenkreis gibt es Fälle, wo Bezieher von ALG II zu Sprachkursen verpflichtet wurden, andernfalls mit Kürzung oder Streichung der Unterstützung gedroht wurde. Ich bin durchaus der Auffassung, dass jeder, dessen mangelhaften Sprachkenntnisse ein Hindernis auf dem Arbeitsmarkt sind, dazu verpflichtet werden sollte, diese zu verbessern (allerdings wäre dann die Frage, ob nicht auch für etliche Deutsche Alphabetisierungskurse ratsam wären). Nur, es sind etliche Fälle dabei, wo man diesen Druck auf Frauen ausübt, die lange Jahre Hausfrau waren, ihre Kinder großgezogen haben und wo jetzt durch längere Arbeitslosigkeit des inzwischen auch älteren Familienvaters man unter Hartz IV fällt. Da frage ich mich nach dem Sinngehalt: wenn jetzt eine über 50jährige gezwungen wird, Deutschkurse zu absolvieren, was soll das nützen? Selbst wenn es ihr gelingt, ihre Deutschkenntnisse wesentlich zu verbessern – was in diesem Alter mehr als fraglich ist – wird das ihre Vermittlungschancen kaum steigern. Im Endeffekt wird es auf pure Schikane herauslaufen. Und dazu sind Gesetze, selbst wohlgemeinte, nicht da.

 

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