Umfrage: Debatte um Leitkultur in der Wertegruppe der Islamkonferenz
9. März 2008 | Von E. S. | Kategorie: Gesellschaft | 5 Kommentare |In einem Artikel der FAZ vom 05.03.2008, Nr. 55 / Seite 3 geht es um die Leitkulturdebatte der Wertegruppe der Islamkonferenz. Es herrsche ein zähes Ringen um Formulierungen, so der Autor Christoph Ehrhard, die später im Abschlussbericht der Islamkonferenz einen Art Wertekonsens festlegen sollen. Konkreter Streitgegenstand sei ein Angebot des Innenministeriums von Ende Januar 2008 an die islamischen Verbände, das folgendermaßen laute:
Integration ist eine Aufgabe von nationaler Bedeutung. Grundlage ist neben unseren Wertevorstellungen und unserem kulturellen Selbstverständnis unsere freiheitliche demokratische Ordnung, wie sie sich aus der deutschen und europäischen Geschichte entwickelt hat und im Grundgesetz ihre verfassungsrechtliche Ausprägung findet. Diese auch auf universellen Werten ruhende Ordnung hat sich für das gesellschaftliche Zusammenleben bewährt.
Laut FAZ mögen das die Vertreter der islamischen Verbände aber so nicht unterschreiben; die Sätze sind ihnen zu allgemein gehalten. Sie verlangen eine Präzisierung des Begriffs Werteordnung. Am liebsten wäre ihnen ein ausschließlicher Bezug auf das Grundgesetz. Daher herrsche immer noch Streit um die Formulierungen, die im Abschlussbericht der Islamkonferenz einen Art Wertekonsens festlegen sollen.
Als Argumente Seitens der islamischen Verbände werde aufgeführt, dass der Begriff Leitkultur inhaltsleer sei und gefüllt werden müsse. „Wessen Leitkultur soll denn damit gemeint sein? Welches sind denn die gemeinsamen leitkulturellen Werte der CSU mit der Linkspartei?“, fragt Mustafa Yeneroglu beispielsweise. „Seien wir doch mal ehrlich.“ So Yeneroglu weiter „Es geht vielmehr darum, in Ausgrenzung des vermeintlich Anderen eine deutsche Identität zu bestimmen, und das halte ich für gefährlich … Warum wird denn so großer Wert darauf gelegt, die Definition der deutschen Werte unbestimmt zu lassen?“
Eine insgesamt interessante Konstellation bei der vor allem eine zentrale Frage an Bedeutung gewinnt: bedarf es einer Heranziehung des Begriffes „Leitkultur“ oder reicht eine an das Grundgesetz angelehnte Werteordnung vollkommen aus?
Die Beantwortung dieser Frage setzt zugleich auch die Klärung voraus, ob es überhaupt möglich ist, den Begriff „Leitkultur“ positiv zu definieren oder man eine – in der Juristerei nur als Notlösung und ungern angewendete – negative Definition zur Hilfe nehmen muss, in der man festlegt, was alles nicht zur deutschen Leitkultur gehört. Dabei dürften beide Definitionen gleichermaßen schwer auszuformulieren sein.
Aufgrund der Unbestimmbarkeit des Begriffes „Leitkultur“ ist meines Erachtens eine ausschließlich an das Grundgesetz angelehnte Formulierung vorzugswürdig. Der Vorteil liegt insbesondere darin, dass das Grundgesetz durch die Rechtssprechung seit vielen Jahrzehnten bereits konkretisiert ist. So ist klar definiert, was unter einer Werteordnung verstanden wird. Eine an die „Leitkultur“ angelegte Formulierung dagegen, stünde der Gefahr gegenüber, dass ihn jeder so versteht und ausfüllt, wie es ihm gerade beliebt, was gerade zu unendlichen Diskussionen und Missbrauch einlädt.
Ich bin mir aber sicher, dass aufgrund des schwer handhabbaren Begriffes „Leitkultur“ ein Konsens gefunden werden wird, dass an das Grundgesetz anlehnt. In Kürze dürfte der Abschlussbericht des Islamkonferenzes vorliegen. Wir dürfen gespannt sein, ob die Vernunft siegen wird oder ein Konsens Machtdemonstrationen zum Opfer fällt.
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Wertevorstellung und kulturelles Selbstverständnis unseres Innenministers passen mir eigentlich gar nicht. Deshalb sollte nur auf die Werteordnung des Grundgesetzes abgestellt werden.
Die ganze debatte kann man sich sparen.Für was haben wir denn ein grundgesetz,ich hoffe nicht nur für „echte deutsche“,sondern für alle menschen die hier leben.
Nein. Es ist nicht einzusehen, dass von einer Bevölkerungsgruppe – Muslime – Sonderleistungen erbracht werden sollen, bzw. deren grundgesetzliche Rechte durch Verzicht eingeschränkt werden sollen. Denn genau das ist die Idee hinter dieser „Leitkulturdebatte“: die Muslime sollen aufhören, ihre Rechte notfalls beim Verfassungsgericht durchzusetzen und dann auch noch die Einhaltung dieser Rechtssprechung zu verlangen.
Aber wenn ein Innenminister solche Rechtssprechung dann als merkwürdige Urteile ansieht… (so geschehen bei einer Konferenz).
In einer laizistischen Republik , in einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung kann es nicht die Aufgabe der Beamtenschaft und der Mandarine sein, die Inhalte der Werte zu bestimmen, sondern den rahmen für die Wahrung und die Entfaltung der Werte, was immer dies auch sein mag, zu gewähren .
Die Werte, die Inhalte, wurden in vergangenen Epochen definiert : Blut und Boden, Volk ohne Raum, Heldentod für Vaterland, die jüdische Weltbank etc. In der DDr hatten es jugendliche Abweichler, denen es in der FDJ nicht gefiel, und die lieber dekadente imperialistische rockmusik hören wollten, schwer. In Nordkorea denkt nicht einmal einer daran, anders zu denken oder gar zu denken. In einer gewissen athéistischen Islamischen Republik gilt die Veräppelung des Islams als Aufgabe des States und wird von prügelnden Tugendwächtern überwacht.
Nun, soweit ist es nicht, es klingt nur als Ansatz. George Orwell, „1984“ hat gezeigt, wie es am Ende aussehen kann.
Die Werte sind ausreichend in der Verfassung bzw. im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland festgeschrieben, auch was die strittigen Punkte mit einigen importierten orientalischen Gebräuchen angeht. Dazu gelten die Erklärung der Menschenrechte als Grundlage gesellschahftlichen Zusammenlebens. Bürger wie Migranten und Touristen sind in Rechten und Pflichten dem Grundgesetz und der Straßenverkehrsordnung verpflichtet.
Hat der Herr Schäuble Langeweile im Amt ? Beschäftigt ihn die Gespensterjagd nicht genug ? Warum wirbelt er dort Staub auf wo er ruhig lag ?
Letzten Samstag habe ich fast in die Hose gemacht: da sprach ein deutscher Kabarettist, den Namen habe ich nicht verstanden, auf WDR von einer „Apokalypse auf Rädern“.
Es ist jetzt zu spät zu intervenieren, der Begriff hat sich eingebürgert :
Ist eine Islamkonferenz überhaupt möglich ? Gab es in Berlin keinen Brockhaus ?
Der Islam ist eine Religion, stimmt’s oder nicht ? also ist eine Islamkonferenz eine theologische Konferenz, in der, zumindest dem Namen nach über fragen der Religion und der Riten beraten wird. Die Katholiken hatten auch eine Katholizismus-Konferentz 1962-1965, in der die Glaubensinhalte hinterfragt und die riten an die Neuzeit angepasst wurden. Vatikan II kann man auch sagen, einer der Reformatoren war der damalige Kardinal Ratzinger.
Der 2003 auf energisches Betreiben des damaligen Innenministers Sarkozy gegründete Conseil Français du Culte Musulman, CFCM,Nicht der Conseil Islamiqque, hat das Statut eines Eingetragenen Vereins (Loi 1901) und ist der Ansprechpartner der Regierung und speziell des Ministeriums für Inneres und Kultus in sachen praktischer gesellschaftlicher Belange.
Originalton Sarkozy : Endlich sitzt der Islam mit am Tisch der republik.
1806 wies Napoléon I die Präfekten des Landes an , sich mit den Vorstehern der gemeinden der Sepharaden und der ashkenase darüber zu beraten, wie ihre Sitten und Riten konform mit dem Zivilrecht und dem Code Napoléon in einklang zu bringen wären. Hauptstreitpunkt war die Forderung des States, dass die standesamtliche Trauung vor der religiösen stattfinden müsse. Am 7. März 1807 stimmten die 71 Abgeordneten des Großen Sanhedrin der Schlussakte zu und der kaiser ließ sie schwören, dass sie sich nie als eigenständiges Volk betrachten würden und nur noch gleichberechtigte französische Bürger seien. Diese Gleichberechtigung brachte die französische Verwaltung auch in die besetzten Rheinlande(Vgl. Heinrich Heine).Seit dieser Zeit präsentiert der Großrabbiner von Frankreich dem Statsoberhaupt zum Jahresbeginn die Neujahrswünschen der jüdischen Gemeinden und ürger.
Seit 2005 ist der Rektor der Großen Moschee von Paris, der derzeitige Vorsitzende des CFCM, an seiner Seite.
Allerdings hat diese Anerkennung und diese Repräsentanz in der laizistischen Französischen republik nicht die selbe Wirkung wie sie es in deutschland hätte, wo die anerkannten Religionsgemeinschaften Zuwendungen aus der Kirchensteuer erhalten.
[…] dem Bundesinnenministerium zurechnet. Dass dem nicht so ist, dürfte jedem, der die “Debatte um die Leitkultur in der Islamkonferenz” gelesen hat, bekannt sein. Ausschließlich dem Koordinationsrat der Muslime ist die […]