Der Brand in Ludwigshafen und die Folgen der undifferenzierten Berichterstattung

7. Februar 2008 | Von | Kategorie: Feuilleton | 57 Kommentare |

Auf mein gestriges Artikel (Brand in Ludwigshafen wird zu Schlammschlacht) schrieb elli, eine JurBlog Leserin, ein Kommentar, auf die ich gerne näher eingehen möchte. Ihr Kommentar verdeutlicht eindrucksvoll die Folgen einer undifferenzierten Berichterstattung in den Medien aus der Sicht einer Schülerin. Sie schildert darin ihre Ängste und Befürchtungen und die Probleme, mit denen sie tagtäglich konfrontiert wird. Die Berichterstattung in den türkischen Medien über den Fall, so ihr Fazit, mache ihr Angst.

ich finde eigntl eher die, sich mit dem ganzen anbahnenden, gewalttätigen übergriffen auf die deutschen furchteinflösend. man konnte schon bisher als deutscher fast nicht alleine abends am am berlinerplatz in ludwigshafen stehen ohne dass man damit rechnen musste in eine schlägerei zu raten wenn man in die richtung eines türken schaute. was damit sagen will ist einfach,dass es zieml gefährlich werden könnte die geschichte von dem mann, den die 2 kinder gesehen haben wollen, auch nur im geringsten hochzuspielen. mir zumindest ist ganz schönmulmig zumute wenn ich in der pause auf dem schulhof stehe und massen von trauernden türken an einem vorbeiziehen und einem schon mit diesem blick anschauen, als ob du schon nur weil du deutscher bist jedes einzelne opfer dieses brandes selbst angesteckt hast. mir tut es wirklich leid um die opfer dieses brandes doch ich glaube ganz erlich davon, dass alle dieses thema so extrem hochspielen wird auch keiner wieder lebendig nur der hass der türken auf die deutschen wird mit sicherheit um einiges gesteigert.

Oft habe ich mich in diesem Blog darüber aufgeregt und beschwert, dass Taten Einzelner hochgespielt und verallgemeinert werden. Insbesondere wenn man türkischer Abstammung ist, weiß man oft nicht mehr, in welches Kinosaal man muss. Man ist immer im falschen Film.

In den letzten Jahren wurden so viele Multimediale Filme mit türkischen Hauptdarstellern gedreht, dass man nicht einmal mehr genau weiß, welches die erste Folge war. Nehmen wir die jüngste Episode, den aus der Münchener U-Bahn. Dort hat ein türkischer Jugendlicher zusammen mit einem Griechen einen älteren deutschen Herrn verprügelt. Die Bilder gingen durch alle Fernsehkanäle, die Zeitungen schrieben – nicht anders wie heute die türkischen – mehrheitlich über türkische Kriminelle.

Der Wahlkampf Roland Kochs goss noch zusätzlich Öl ins Feuer. Die Bild Zeitung zitierte ihn auf der Titelseite mit den Worten „Wir haben zu viele kriminelle junge Ausländer„. Selbstverständlich wurden auch weitaus differenziertere Artikel gedruckt und verbreitet, aber auf der dritten Seite ganz unten, die viel seltener gelesen werden. Roland Koch und einige weitere Damen und Herren aus der Union wurden dagegen auf die Titelseiten getragen.

Wenn wir uns heute fragen, was das alles gebracht hat, können wir glücklich folgendes feststellen: Für Roland Koch jedenfalls nichts, im Gegenteil. Die Wähler in Hessen haben sich ihm nicht angeschlossen, sie wussten zu differenzieren. Insbesondere unter jüngeren Wählern hat die CDU die meisten Stimmen eingebüßt. Darauf kann man stolz sein und hoffnungsvoll in die Zukunft blicken.

Allerdings – jetzt kommen wir zurück zu ellis Kommentar – gibt es auch unter Deutschen einzelne Personen, die sich durch solche Äußerungen bestätigt fühlen und meinen, nun noch mehr Gewalt gegen Ausländer oder insbesondere Türken ausüben zu müssen. Es gibt sicherlich Personen, die meinen, den Rentner rächen zu müssen. Es gibt sicherlich auch Personen, die einfach nur Hass gegenüber Türken aufbauen oder einfach nur ablehnen.

Wenn Ausländer bereits in einigen Teilen Deutschlands (sog. No-Go-Areas) Angst haben müssen, nachts auf die Straße zu gehen, wird die Situation nach der Berichterstattung über den hessischen Wahlkampf sicher nicht besser. Es geht dabei definitiv nicht um Tabuisierung von Themen oder Problemen. Es geht auch weniger um die Verschärfung der Jugendstrafen. Es geht einzig und allein um die Art und Weise der Berichterstattung. Sie spaltet die Gesellschaft, sie führt zur Ausgrenzung und fördert alles andere als die Integration. Auf beiden Seiten.

Genau wie ellis jetzt die Befürchtung hat, dass türkische Jugendliche Nachts auf der Straße nun mit noch mehr Ablehnung und Hass gegenüber Deutschen reagieren könnten, ist die Befürchtung auf der anderen Seite die gleiche, wenn Zeitungen wieder einmal über „die Türken“ schreiben. Es wird sich immer einer finden, der dann meint, gegen „die Türken“ vorgehen zu müssen. Genau wie der, der laut Zeitungsberichten einen Feuerwehrmann in Ludwigshafen verprügelt haben soll mit dem Vorwurf, sie seien zu spät zum Unglücksort gekommen. Woher der Vorwurf stammt? Die türkischen Medien verbreiten diesen Vorwurf.

Für die Zukungt bleibt zu hoffen, dass türkische Medien sich auf die Fakten konzentrieren und zur Besinnung aufrufen. Es ist aber auch zu hoffen, dass deutsche Medien sich künftig sachlicher und differenzierter über Ausländer berichten und die deutlich spürbare Doppelmoral überwinden. Die Vorgehensweise der türkischen und deutschen Medien über Ludwigshafen und über den Vorfall in München ist ein Spiegel, in der – selbstkritische Betrachtung vorausgesetzt – alle (Medienmacher und Leser zugleich) sich selbst sehen können.

PS: Vielen Dank an elli!

57 Kommentare
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  1. @Gladiator
    Die Zahl 2 mil. stimmt schon ,wenn man noch die Aramäer dazu zählt die deine Vorfahren damals 1895 angefangen bis ca.1915 und weiter, abgeschlachtet haben. Den Genozid kannst du als den angeblichen Völkermord in deinen Türkenforen so bezeichen in der BRD heißt es GENOZID.
    Was ihr mit den Armeniern,Aramäern,griechen,yeziden,kurden,aleviten gemacht habt versucht ihr zuvertuschen,was ja eh nicht mehr gelingt. Sogar eure eigenen Leute geben den Genozid zu Taner Akcam,ist doch Türke und schreibt bücher über den Genozid,also was versuchst du hier den Deutschen bezubringen,die wissen hier schon alle gut was für ein faschistisches ,militärregiertes Land die Türkei ist.
    Ich erinnere der Mord an dem Armenier HRANT DINK,der Mord an den Christen in Malatya,unter denen auch deutsche waren.

  2. @asala

    erzähl mal ein wenig von der Diaspora…und von deinem Namen asala wie wäre das denn…mach dich nicht lächerlich und beantworte mal diese Fragen…

  3. Deshalb: Auf keinen Fall assimilieren, auf keinen Fall anpassen, wie es „Führer“ Erdogan kundgetan hat.

    Ich frage mich, was passieren würde, wenn Vertreter aus einem westlichen/christlich geprägten Land das in der Türkei abziehen würden, was bestimmte Türken und deren Staatsoberhaupt hierzulande (v.a. in Köln) so bringen.
    Leute: Kapiert endlich: Einer, der das Kopftuckverbot aufhebt, türkische Gymnasien in Deutschland fordert und unbedingt in die EU möchte, der hat alles Mögliche im Sinn, aber sicher nicht so etwas wie DEMOKRATIE. Darum geht es nämlich, ob wir uns die kaputt machen lassen oder nicht…

    Radikale, ganz gleich welcher Couleur… RAUS!

  4. @Asala

    Schön, dass das mal gesagt wird. Wenn es sich um die Vergangenheit handeln würde, dann würde ich ja sagen: Ok, kann man aufarbeiten. Aber Tatsache ist: Die Türkei verstößt JETZT gegen Völkerrecht: Der angebliche Kampf gegen die PKK ist eine Tarnung und Legitimation für die Ausrottung des kurdischen Volkes!

  5. Ich sage es ganz ehrlich: Mir macht das, was manche Türken hier und das, was die Türken in der Türkei veranstalten eine Heidenangst.

  6. @ all

    Ich bin der Letzte, der Kommentare löscht oder irgendjemandem den Mund verbieten will. Jeder hat Grundsätzlich das Recht, seine Meinung frei zu äußern. Was einige Kommentatoren sich hier allerdings erlauben, erfüllt Straftatbestände. Das kann ich weder zulassen noch möchte ich, dass das hier auf diese Art und Weise und vor allem auf diesem Niveau weitergeht.

    Ich habe mich bereits mit der Bitte um mehr Sachlichkeit bemüht, etwas mehr Ruhe rein zu bringen. Ich merke aber, dass es Einzelne sind, die eine ordentliche Diskussion unmöglich machen und auch offensichtlich nicht daran interessiert sind.

    Das eigentliche Thema, geht denen, die sich jetzt angesprochen fühlen, allem Anschein nach irgendwo vorbei. Die Themen, worüber mittlerweile diskutiert wird, hat mit dem Artikel (siehe ganz oben!) nichts mehr zu tun. Tobt euch wo anders aus!

    Von nun an werde ich jeden Kommentator, der auch nur im geringsten provokativ, abfällig, beleidigend oder unsachlich wird oder am eigentlichen Thema vorbeiredet, blockieren. Und wenn euch noch etwas am Herzen liegt, was hier eigentlich nicht reingehört: verkneift es euch!

    Die allermeisten Kommentatoren, da bin ich mir sicher, werden davon nicht betroffen sein.

  7. […] oder dämonisierenden Zeitungsmedien, die manch einer von uns hier als unverständliche Hetzkampagne ansieht – auch machen sich mittlerweile die Folgen dessen bemerkbar, wie die nicht enden wollenden […]

 

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