Papaturka

4. Dezember 2006 | Von | Kategorie: Leitartikel | Keine Kommentare |

Obwohl ich die gelungenen Papstauftritte in der Türkei täglich verfolgt habe, konnte ich mich nicht durchdringen, darüber zu schreiben. Den Tag nicht vor dem Abend loben dachte ich mir. Noch ist es nicht vorbei. Mittlerweile hat der Papst die Türkeireise beendet und alles ist gut gegangen. Zum Glück!

Dass die Reise ein Erfolg für alle Beteiligten werden würde, deutete sich bereits an als Premier Erdogan sich dazu durchdringen konnte, den Papst zu empfangen, der bei der Ankunft in der Türkei sein Kruzifix abgehängt hatte. Das wäre sicher nicht nötig gewesen, um Sympathien bei den Türken zu gewinnen. Der Papst ist nun mal der Papst und ein Kruzifix ist nur selbstverständlich.

Zum Erfolg wurde das Treffen allerdings, als – zwar nur – Erdogan und nicht der Papst persönlich zur EU-Frage der Türkei positives verlauten lies. Und obwohl Erdogan soll das Papst-Zitat verbogen haben soll, im Gedächtnis bleibt als wichtigstes Ergebnis des Besuchs von Benedikt XVI. in der Türkei das päpstliche Ja zu einem Beitritt dieses Landes in die Europäische Union. Später fragt niemand mehr danach, wer besser gespielt hat, wenn eine Mannschaft das Spiel für sich entschieden hat. Und obwohl das türkische Volk nach den neuesten Umfrageergebnissen mehrheitlich einen EU-Beitritt nicht mehr unterstützen soll, hat sowohl Erdogan als auch der Papst gepunktet bei der breiten Bevölkerung. Denn bei der Frage nach dem Beitritt geht des der türkischen Bevölkerung längst nicht mehr um das ob sondern um das wie.

Die nächste Runde wurde im Atatürk-Monsoleums eröffnet. Nicht vergessen werden darf, dass Atatürk ein Laizist war, was dem Besuch eine gewisse Brisanz verlieh und um so mehr Sympathien bei vielen Türken einbrachte.

Das Treffen mit Bardakoglu, dem Oberhaupt der Türkei für religiöse Angelegenheiten war der nächste Höhepunkt des Papst-Besuchs. Nach dem Besuch der Basilika Hagia Sophia, dass fast tausend Jahre lang die größte Kirche der Christenheit war und nach der Eroberung Istanbuls durch die Osmanen in eine Moschee umgewandelt wurde, machten die Herren einen Abstecher in das Sultan Ahmet Moschee, wo der Papst zunächst mal die Schuhe auszog und in Pantoffeln schlüpfte, sich in Richtung Kabe wandte und die Hände aufeinander legte wie ein Moslem beim Gebet. Die Zeitungen überboten sich am nächsten Tag mit Lobeshymnen.

Wem das alles noch nicht reichte um die Regensburger Rede vergessen zu machen, wurde sicher schwach, als der Papst nach der Predigt in Ephesus schließlich mit der türkischen Fahne wedelte.

Nun mag der eine oder andere die Reise des Papstes für was auch immer halten. Aus meiner Sicht war es eine wichtige und überfällige Versöhnungsreise nach der Regensburger Rede, die den Papst – zu Recht – sehr viele Sympathien gekostet hat. Vor allem der Respekt, den der Papst der türkischen Bevölkerung und allen Muslimen auf der Welt entgegengebracht hat, hat mich positiv gestimmt für die Zukunft. Ob ich die Regensburger Rede vergessen habe? Nein, ganz bestimmt nicht. Noch nicht.

Ekrem Senol – Köln, 04.12.2006

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