Schafspelzübergabe – Bouffier für und Müntefering gegen Arbeitserlaubnis für geduldete

6. November 2006 | Von | Kategorie: Leitartikel | Keine Kommentare |

Hessens Innenminister Bouffier sei für eine generelle Änderung der geltenden arbeitsrechtlichen Regelungen. Derzeit dürfen Ausländer in Deutschland mit Duldungsstatus ein Jahr lang nicht arbeiten. Auch danach erhalten sie aber in aller Regel keinen Job, weil die Stelle für Deutsche und EU-Bürger freigehalten wird, selbst wenn diese sich gar nicht bewerben.

Es sei politisch falsch, langjährig geduldete Ausländer zu zwingen, von Sozialhilfe zu leben, „zumal Rechtsextreme daraus politisches Kapital schlagen und Vorurteile schüren.“ Rund 80 Prozent der Geduldeten lebten derzeit von staatlicher Unterstützung.

Es ist erfreulich zu hören, dass sich Herr Bouffier um das Image von Ausländern bemüht. Insbesondere nach seinem hessischen Gesinnungstest für Muslime ist ein Windwechsel nötig geworden.

„Wer seit sechs oder sieben Jahren hier lebt, soll ein Aufenthaltsrecht bekommen“, erklärt Bouffier außerdem. Dieses Recht solle aber an gewisse Bedingungen wie etwa Kenntnisse in Deutsch und auch eine Arbeit gebunden sein. In der Frage gibt es noch heftigen Streit zwischen den Innenministern und Bundesarbeitsminister Franz Müntefering (SPD). Dabei setzen sich kurioserweise vor allem Unions-Politiker massiv für eine großzügigere Regelung ein.

In der Tat ist einiges an diesem Artikel kurios. Wir haben uns in den letzten Jahren daran gewöhnt zu lesen, wie die Grünen (meist mit der SPD) gegen immer haarsträubende Vorschläge der Union vorpreschten und die Rechte der Ausländer verteidigten. An dieses umgekehrte Szenario könnte ich mich aber auch gewöhnen, wenn ich nicht den Eindruck hätte, dass sich Herr Bouffier einfach mal zur Abwechslung den Schaafspelz übergezogen hat. Wie auch immer: In diesem Punkt muss ich den Herren aus der Union Recht geben. Schließlich geht es um das unausweichliche Zusammenleben mit Ausländern, ob nun gewollt oder nicht. Auch geduldete Ausländer müssen irgendwie an die Gesellschaft herangeführt werden. Das gelingt am besten, wenn man diesen Menschen eine Perspektive bietet.

Müntefering will dagegen keine grundsätzliche Änderung der aktuellen Regelung. Stattdessen will er langjährigen Geduldeten, die gut integriert seien, in einer einmaligen Aktion eine Arbeitserlaubnis erteilen.

Politik ist doch wie ein Tischtennisball, der so schnell hin und her springt, dass man kaum gucken kann. Diesen Vorschlag, würde ich nicht wissen, dass er von Müntefering kommt, würde ich direkt und ohne Umwege Herrn Schäuble zuordnen. Unüberlegt, ungenau und in der Praxis kaum handhabbar. Aber so ist Politik wohl, wenn es nicht um die „Sache“, sondern schlicht um Politik geht. Ich denke, dass es Herrn Bundesarbeitsminister Müntefering darum geht, die Arbeitslosenzahlen niedrig zu halten. Wer keine Arbeitserlaubnis hat, kann sich nicht arbeitslos melden.

Das Arbeitsministerium befürchtet im Fall einer weitergehenden Regelung einen Ansturm auf den Niedriglohnsektor.

Die freie Marktwirtschaft wird es schon zu balancieren wissen.

Quelle: Spiegel Online

Ekrem Senol – Köln, 06.11.2006

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