Vom ‚höchsten deutschen Gericht‘ und anderer Fährnis auf dem Weg zum (guten) Deutschen hessischen Vorbilds

4. Mai 2006 | Von | Kategorie: Leitartikel | Keine Kommentare |

Die Autoren, Dr. Markus Artz und Assessor Florian Geyer, befassen sich mit dem hessischen Test zur Einbürgerung von Ausländern. Im Ergebnis halten sie ein derartiges Verfahren für fragwürdig und bezweifeln, ob von einzubürgernden Ausländern nicht nur Kenntnisse der deutschen Sprache, sondern auch Kenntnisse über die deutsche Kultur zur verlangen sind. In diesem Zusammenhang wird zudem die Problematik angerissen, ob die in dem Katalog aufgelisteten Fragen tatsächlich praxistauglich sind. Anhand einiger Beispiele zeigen die Verfasser zudem auf, dass viele der in dem Leitfaden ausgewählten Fragen zudem missverständlich formuliert sind.

7. Frage: „Welche Voraussetzungen muss man erfüllen, um deutscher Staatsbürger zu werden?“. Die Antwort, die die beiden Forscher aus Trier geben, lautet: „Deutscher Staatsbürger kann man nicht (mehr) werden.“ Denn der Begriff „Staatsbürger“ sei nämlich im „gesamten geschriebenen deutschen Staatsangehörigkeitsrecht unbekannt“. Das bundesdeutsche Recht spreche stattdessen von „Staatsangehörigkeit“. Eine „Staatsbürgerschaft“ habe es nur in der DDR gegeben.

72. Frage: „Wie heißt das höchste deutsche Gericht?“ Gemeint sei offenbar das Bundesverfassungsgericht, notieren die Wissenschaftler. Das stimme aber nicht, denn das Verfassungsgericht sei kein Instanzgericht und damit auch nicht höchste Instanz. Genau das versuche man angehenden Juristen an den Unis auszutreiben. Da dürfe man es Bewerbern nicht übel nehmen, wenn sie die Frage ganz wörtlich nähmen und mit „Amtsgericht Titisee-Neustadt“ antworteten. Geografisch nämlich liegt kein deutsches Gericht so hoch.

76. Frage: Wo hat das Europäische Parlament seinen Sitz? Die Juristen notieren: „Ausschusssitzungen des Parlaments finden in Brüssel statt, Plenarsitzungen in Straßburg, das Generalsekretariat des Parlaments sitzt in Luxemburg.“ Wer die richtige Antwort finden wolle, müsse sich deshalb durcharbeiten durch das „Protokoll über die Festlegung der Sitze der Organe und bestimmter Einrichtungen und Dienststellen der Europäischen Gemeinschaften sowie des Sitzes von Europol“ – um festzustellen, dass die Antwort Straßburg richtig ist.

NJW 2006 Heft 16, 1107 – 1109

Ekrem Senol – Köln, 04.05.2006

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