Kürzung der Zuschüsse für Frauenhäuser

30. April 2006 | Von | Kategorie: Leitartikel | Keine Kommentare |

Wenn es um das Problem der Frauenunterdrückung und Gewalt gegenüber Frauen geht ist die Bundesregierung erfreulich offensiv und lässt keine Zweifel darüber aufkommen, dass das nicht geduldet wird in Deutschland oder anderswo. Wenn das Thema dann auch noch im Zusammenhang mit Ausländer angesprochen wird, werden sogar konkrete Maßnahmen in Angriff genommen. Die von Herrn Schäuble geforderte Anhebung des Zuzugsalters auf 21 Jahre für so genannte Importbräute zum Beispiel soll Zwangsehen verhindern. Zwar hagelt es von allen Seiten Kritik, dass diese Maßnahme nicht zum gewünschten Erfolg führen wird. Die Standfestigkeit Herrn Schäubles zeigt aber auch seine Entschlossenheit, gegen Gewalt und Unterdrückung von Frauen anzugehen.

Umso überraschter war ich dann doch, als ich lesen musste, dass die NRW-CDU die Zuschüsse für die Frauenhäuser in NRW um 30 Prozent kürzen wird. Deutsche Welle dazu:

„Der Minister für Frauen und Integration, Armin Laschet, hat keine Zeit für ein Interview, um seine Entscheidung zu begründen. Auch die Leiterin des Frauenreferats ist nicht abkömmlich. Nein, die Gewalt gegen Frauen sei nicht zurückgegangen, beteuert man im Düsseldorfer Ministerium. Seit das Gewaltschutzgesetz im Jahr 2002 in Deutschland eingeführt wurde, kämen sogar deutlich mehr Übergriffe zur Anzeige. Ja, die Arbeit der Frauenhäuser erachte man als sehr wichtig! Man habe auch die Einführung einer Datenbank im Internet gefördert. Hier können sich Frauen informieren, welche Frauenhäuser in der Region über freie Plätze verfügen. Aber nun müsse leider gespart werden. … Die Europäische Union fordert von ihren Mitgliedsstaaten den Schutz der Menschenwürde. So ist unter anderem auch für die Türkei bei einer zukünftigen Mitgliedschaft der Schutz der Frauenrechte eine Voraussetzung. Aus diesem Grund hat die türkische Regierung im Dezember 2004 ein Gesetz erlassen, dem zufolge jede Gemeinde mit mehr als 50.000 Einwohnern ein Frauenhaus einrichten soll. … Was vor allem konservative Politiker von der Türkei fordern, wollen sie per Sparbeschluss im eigenen Land zurückzufahren.“

Viel mehr als die Doppelmoral der CDU bei diesem Thema sticht mir die Zahl der Opfer ins Auge: In Deutschland suchen rund 45.000 Frauen jährlich Schutz in einem Frauenhaus vor ihren gewalttätigen Partnern. Dennoch sind die Herren von der CDU lieber damit beschäftigt, wie eingangs angesprochen, Zwangsehen durch völlig ungeeignete Mittel zu verhindern. Jetzt müssten wir Fairerweise auch die Frage stellen, wie viele Zwangsehen es wohl jährlich gibt. Aussagekräftige Studien mit belastbaren Zahlen liegen weder für Deutschland noch für Nordrhein-Westfalen vor. Der Berliner Senat veröffentlichte für das Jahr 2002 die Zahl von 230 Zwangsverheiratungen (Quelle: Nordrhein-Westfalen Drucksachen 14/252.). Damit zu argumentieren, dass die Zahl der Zwangsehen zu den sonstigen Fällen gering sei, ist nicht angemessen, da jeder Fall schon ein Fall zu viel ist. Fakt ist allerdings folgendes: Opfer von Zwangsehen gehen ins Frauenhaus um Schutz zu finden, dessen Mittel nun gekürzt werden sollen. Um wen oder was geht es also, wenn die Herren von der CDU über Zwangsheirat reden?

Zum Schluss noch ein Paar vernünftige Vorschläge der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, wie man gegen Zwangsheirat vorgehen kann:

Der beste Weg, um in Deutschland lebende Migrantinnen vor einer Heiratsverschleppung zu schützen, ist ihre aufenthaltsrechtliche Situation zu verbessern. Bisher gilt, dass ihr Aufenthaltstitel erlischt, wenn sie sich länger als sechs Monate im Ausland aufhalten. Selbst wenn sie nach ihrer Verschleppung ins Herkunftsland Möglichkeiten finden, sich aus ihrer Zwangssituation zu befreien, können sie nach Ablauf dieser Frist nicht nach Deutschland zurückkehren. Es bedarf daher dringend einer Ausnahmeregelung, die eine Wiedereinreise der von Heiratsverschleppung betroffenen Frauen ermöglicht.

Frauen, die als nachgezogene Ehegattinnen im Rahmen einer Zwangsverheiratung nach Deutschland gebracht werden, sind am besten durch ein eigenständiges Aufenthaltrecht geschützt. Eine Härtefallregelung zur vorzeitigen Erteilung eines solchen eigenständigen Aufenthaltrechtes wird heute bereits angewendet, wenn MigrantInnen von ihren PartnerInnen physische oder psychische Gewalt erleiden. Sie muss um den Fall der Zwangsheirat erweitert werden.

Vor allem für Frauen, die nur über einen unsicheren Aufenthaltsstatus verfügen, ist die aufenthaltsrechtliche Situation prekär, wenn sie in Deutschland zwangsverheiratet werden. Denn das eigenständige Aufenthaltsrecht von EhegattInnen greift nicht bei MigrantInnen, die nur eine Duldung besitzen bzw. deren gewalttätiger Ehepartner nur eine Duldung oder Aufenthaltsgestattung besitzt. Auch diese Frauen brauchen Schutz. Sie dürfen nicht über den Weg eines restriktiven Aufenthaltsrechts gezwungen werden, eine eheliche Zwangslage oder häusliche Gewalt zu erdulden.

Diese Vorschläge geben der armen zwangsverheirateten aber dennoch ausländischen Frau Rechte, wohingegen Herr Schäuble Zwangsheirat lieber damit unschmackhaft machen möchte, in dem er Rechte tausender, die nicht aus Zwang sondern aus Liebe heiraten – auch das tun Ausländer -, beschneidet.

Ekrem Senol – Köln, 30.04.2006

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