Getürkt
30. April 2006 | Von E. S. | Kategorie: Leitartikel | Ein Kommentar |Die Redewendung: „Das ist getürkt“ kennt wohl jeder? Es wird als Synonym für falsch oder unecht verwendet. In Wikipedia wird es beschrieben als: „etwas mit Täuschungsabsicht als wahr darstellen“. Vom Wortlaut her muss man wohl auch der Ansicht sein, dass das wohl in irgendeinem Zusammenhang mit Türken stehen muss. Steht es auch. Allerdings war der Türke weder Täter noch Opfer. Strafrechtler würden ihn als Werkzeug bezeichnen.
Zu den Erfindungen des Dichters, Baron Wolfgang von Kempelen (1734 – 1804), gehört auch der erste Schachautomat der westlichen Welt, den er 1769 am Wiener Hof der Öffentlichkeit präsentierte. Seine Nationalität wird in der Regel von deutschen Quellen als deutsch genannt. Er nannte seine „denkende“ Maschine „den Türken“. Denn vor der unförmigen Kiste mit dem Schachbrett saß eine lebensgroße, prunkvoll osmanisch gekleidete Puppe, der Türke.
Das Geheimnis seiner Maschine, behauptete von Kempelen, liege allein in der komplexen Zahnrad-Mechanik im Inneren der Kiste. Die Schnelligkeit, mit der der mechanische „Türke“ fast jeden Schachspieler seiner Zeit schlug, ließ an dieser Erklärung zweifeln. Baron von Kempelen hatte das Geheimnis seines Automaten mit ins Grab genommen. Die Menschen seiner Zeit vertrauten dem „Schach-Türken“, war doch der Glaube an die Allmacht der Technik im 18. und 19. Jahrhundert grenzenlos. Entsprechend tief saß später die Enttäuschung über die Vorspiegelung falscher Tatsachen.
Der erste Käufer des „Schach-Türken“, Friedrich der Große, bemerkte den Schwindel bald. Ein Mensch saß im Gehäuse der Maschine. Ãœber eine mechanische Steuerung konnte er seine Schachfiguren mit dem Arm der „Türken-Puppe“ bewegen. Den Spielstand übersah er, indem er in geschickt angeordnete Spiegel blickte, wie sie auch von Zauberkünstlern verwendet werden. Der Schachcomputer, der keins war, war nach der heutigen Wortbedeutung her also nicht „getürkt“ sondern „gedeutscht“. Man beachte die Ähnlichkeit mit dem Synonym: „getäuscht“. Passt!
Ekrem Senol – Köln, 29.04.2006
[…] da! Im April 2006 schrieb ich bereits, dass es – richtigerweise – anders heißt. Mein Artikel im Wortlaut: Die Redewendung: “Das ist getürkt” kennt wohl jeder? Es […]