Schülerinnen wegen Burka-Tragens beurlaubt
28. April 2006 | Von E. S. | Kategorie: Leitartikel | Ein Kommentar |Zwei Schülerinnen (18) sind vom Schulleiter einer Gesamtschule in Bonn vom Unterricht suspendiert worden, weil sie mit dem Ganzkörpergewand Burka in ihrer Klasse erschienen waren. Die beiden Mädchen hätten durch das Tragen der Kleidung den Schulfrieden gestört. Sie seien für zunächst zwei Wochen vom Unterricht in ihrer elften Klasse suspendiert worden, könnten aber zurückkehren, wenn sie das Gewand ablegten. Auf Grund permanenter Diskussionen um die Kleidung und eine damit verbundene islamische fundamentalistische Haltung der beiden Schülerinnen sei kein normaler Unterricht mehr möglich gewesen.
Als ich von der Suspendierung erfuhr, fiel mir prompt die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 25. August 1993 (Az: 6 C 30/92) ein. Darin hatte das Gericht entschieden:
„… Führt ein koedukativ erteilter Sportunterricht für eine 13-jährige Schülerin islamischen Glaubens im Hinblick auf die Bekleidungsvorschriften des Korans zu einem Gewissenskonflikt, so folgt für sie aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG und für ihre Eltern aus Art. 6 Abs. 2 i.V.m. Art. 4 Abs. 1 GG ein Anspruch auf Befreiung vom Sportunterricht, solange dieser nicht nach Geschlechtern getrennt angeboten wird. …“
Dieser Entscheidung lag unter anderem folgendes zu Grunde:
„… und insbesondere auch die von ihr als für sie verbindlich bezeichneten Bekleidungsvorschriften des Korans, wie sie sie versteht, in ihrem täglichen Leben konsequent beachtet …“
Bezogen auf den aktuellen Burka-Fall, wird so ziemlich vieles umgekehrt. Im Sportunterrichtsfall ging es um die Befreiung vom Unterricht, während es hier darum geht, am Unterricht teilnehmen zu dürfen. Im Lichte der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Sportunterrichtsfall müssten auch die beiden 18 jährigen Schülerinnen ein Recht an der Teilnahme am Klassenunterricht mit Burka bekommen. Denn entscheidend sei, wie der Betroffene die Bekleidungsvorschriften verstehe. Wenn die Burka-Trägerinnen der Ansicht sind, ihre Religion schreibe die Burka vor, dann ist das nach Bundesverfassungsgericht ihr gutes Recht, es tragen zu dürfen, egal was ich oder andere über die Burka denken. Und mögen noch so viele Gründe dafür sprechen, dass Islam die Burka nicht vorschreibt.
Hinzu kommt, dass in der oben zitierten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts die Schule ein starkes Argument dafür hatte, dass auch muslimische Kinder mit Kopftuch am Sportunterricht teilnehmen, die hier allerdings nicht nur nicht greifen, sondern auch noch belastend wirken: „Die Wahrnehmung des mit Verfassungsrang ausgestatteten Bildungs- und Erziehungsauftrags sowie die Durchsetzung der allgemeinen Schulpflicht.“. Zugegeben, die beiden (18) unterliegen nicht mehr der allgemeinen Schulpflicht. Dennoch erwähnenswert in Anbetracht der aktuell ausgeführten Ausschlussgründe: „Schulfrieden gestört“ und „kein normaler Unterricht mehr möglich gewesen“. Nicht glaubwürdig, wie ich finde.
Falls es tatsächlich zu einem Rechtsstreit kommen sollte, kann ich mir allerdings nicht vorstellen, dass die beiden Burka-Trägerinnen Recht bekommen. Ich glaube nicht einmal daran, dass die o.g. Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 1993 heute genau so entschieden worden wäre.
Jeder soll tragen oder nicht tragen, wonach ihm beliebt. Allerdings müssen gewisse Grenzen beachtet werden sobald andere negativ tangiert werden. Genau so wenig, wie ich einem völlig nackten Menschen beim Einkaufen begegnen möchte, möchten wohl auch andere nicht mit Menschen in Berührung kommen, deren Gesichter sie nicht sehen können. Auch sehe ich viele praktische Schwierigkeiten im Alltag (Ausweiskontrolle etc.), weswegen ich die vollständige Umhüllung genau so ablehne, wie das andere Extrem.
Ekrem Senol – Köln, 28.04.2006
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