Das Kopftuch im Referendariat – Kleine Anfrage (NRW)

19. Januar 2006 | Von | Kategorie: Leitartikel | Keine Kommentare |

Wortlaut der Kleinen Anfrage 367 vom 1. Dezember 2005:

In der Plenardebatte am 9. November 2005 wurde behauptet, dass die Anzahl der Lehramtsanwärterinnen mit Kopftuch in den Studienseminaren erheblich sei. Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Wie hoch ist die Anzahl der Lehramtsanwärterinnen, die ein Kopftuch tragen (verteilt auf die Bezirksregierungen)?
  2. Sind der Landesregierung Konflikte an Schulen in NRW bekannt, die in Verbindung mit diesen Lehramtsanwärterinnen stehen?
  3. Kann die Landesregierung diesen Referendarinnen das Tragen des Kopftuches untersagen?
  4. Falls Frage 4 verneint werden muss wegen des Ausbildungsmonopols der Landesregierung: Was macht die Landesregierung, um Schülerinnen deutlich zu machen, warum die Referendarin das Kopftuch tragen darf und die Lehrerin zukünftig nicht?

Antwort der Ministerin für Schule und Weiterbildung vom 9. Januar 2006 namens der Landesregierung:

Zur Frage 1: In den einzelnen Regierungsbezirken sind derzeit folgende Kopftuch tragende Lehramtsanwärterinnen vorhanden:

  • Bezirksregierung Arnsberg : 1
  • Bezirksregierung Detmold : 0
  • Bezirksregierung Düsseldorf : 3
  • Bezirksregierung Köln : 3
  • Bezirksregierung Münster : 3

Zur Frage 2: Der Landesregierung sind zwei Fälle berichtet worden, in denen der Ausbildungsbeginn Kopftuch tragender Referendarinnen mit Protesten der übrigen (weiblichen) Lehrkräfte bzw. ablehnenden Beschlüssen der Schulkonferenzen der beabsichtigten Ausbildungsschulen verbunden war, so dass letztlich in beiden Fällen ein Einwirken der Schulaufsicht zur Zuweisung einer Ausbildungsschule erforderlich gewesen ist. In einem weiteren Fall wird nach Berichten einer Bezirksregierung durch eine Kopftuch tragende Referendarin die Integration muslimischer Schülerinnen und Schüler in den betroffenen Schulklassen beeinträchtigt und die Erweiterung der Sozialkompetenz von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund erschwert. Die betreffende Referendarin wird von islamischen Schülern als Vorbild angesehen, nach dem sich Musliminnen und damit auch die Mitschülerinnen zu richten haben. Ferner wurde an der Ausbildungsschule offenbar, dass in letzter Zeit zwei Schülerinnen zwangsverheiratet wurden. Der Schulleiter kann die Kopftuch tragende Referendarin nicht in Klassen mit hohem Migrantenanteil einsetzen. Daher erfährt sie eine Sonderbehandlung in der Weise, dass sie in „pflegeleichten“ Klassen eingesetzt wird, damit entsprechende Störungen nicht auftreten. Nach Ansicht der Bezirksregierung widerspricht dies dem Grundsatz der Gleichbehandlung und auch dem Prinzip der Praxisrealität im Vorbereitungsdienst. Ferner wird von Akzeptanzproblemen im Lehrerkollegium und von organisatorischen Schwierigkeiten berichtet.

Zur Frage 3: Nach der derzeitigen Rechtslage kommt weder bei Lehramtsanwärterinnen noch bei Lehrkräften mit abgeschlossener Ausbildung eine Untersagung des Tragens eines Kopftuches in Betracht, sofern nicht im Einzelfall eine Verletzung der Pflicht zur Neutralität durch die betroffene Lehrkraft festgestellt wird.

Zur Frage 4: Im Rahmen ihres Bildungs- und Erziehungsauftrags vermitteln die Schulen den Schülerinnen und Schülern in altersentsprechender Weise auch Kenntnisse über die verfassungsmäßigen und gesetzlichen Grundlagen unseres Staates. Vor diesem Hintergrund werden auch Fragestellungen, die sich innerhalb oder außerhalb des Unterrichts zum Thema „Kopftuch“ ergeben sollten, im Bedarfsfalle durch die am Lehrbetrieb unmittelbar Beteiligten behandelt, ohne dass es besonderer Maßnahmen auf Ebene der Landesregierung bedarf.

Ekrem Senol – Köln, 19.01.2006

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