Gott zählt auch die Ausländer
8. November 2005 | Von E. S. | Kategorie: Politik | Keine Kommentare |Ich möchte mich einfach nur mal bei Volker Beck bedanken, der sich zum Thema der doppelten Staatsbürgerschaft äußert und endlich mal ausspricht, was mindestens 2.000.000 Millionen Menschen in Deutschland bereits denken. Es ist in höchstem Maße ungerecht wie gefährlich, wenn man Teile der Bevölkerung, ohne sachliche Gründe, differenziert behandelt. Es ist nur natürlich, dass sich die benachteiligte Gruppe ausgestoßen vorkommt und den so oft geforderten Integrationswillen verliert.
Leider wurde die türkischstämmige Bevölkerung in Deutschland zum Spielball von Unionspolitikern, wie die Frankfurter Rundschau bereits berichtet hat. Ich möchte an dieser Stelle an die Worte von Walter Ludin (*1945) aufmerksam machen, der sagte: “Um im Himmel eingebürgert zu werden, brauchen wir die Stimmen der Ausländer“. Das sollte eigentlich die Christlich Demokratische/Soziale Union am besten wissen.
Gesetze, die für andere Ausländer nicht gelten sollen, wurden bei Türken in einer beispiellosen Kampagne mit zum Teil rechtsgrundlosen oder schlicht irreführenden Belehrungen und Fragebogen vollzogen. Irreführend deswegen, weil in keinem der von den Ländern verschicken Fragebogen zur Informationseinholung über die Doppelte Staatsbürgerschaft, die ausschließlich an die türkischstämmige Bevölkerung verschickt wurden, der Hinweis enthalten war, dass die deutsche Staatsbürgerschaft nur dann automatisch erlischt, wenn der Widererwerb der türkischen Staatsangehörigkeit auf „Antrag“ erworben wurde, was bei vielen nicht zutraf. Eine Voraussetzung, die im Gesetz ausdrücklich erwähnt wird.
§ 25 StAG: „Ein Deutscher verliert seine Staatsangehörigkeit mit dem Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit, wenn dieser Erwerb auf seinen Antrag …“
Umso mehr erstaunt es, dass die Damen und Herren beim Innenministerium wie selbstverständlich auf diese Voraussetzung aufmerksam machen, wenn es um die deutsche Staatsbürgerschaft des Papstes geht. Der Papst hätte nämlich keinen Antrag gestellt, sondern sei gewählt worden und somit kraft Gesetzes die vatikanische Staatsbürgerschaft erhalten, was keineswegs zum Verlust der deutschen Staatsbürgerschaft führe.
Verdutzt nahm ich eine Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg auf. Das Gericht hatte über den Fall zu entscheiden, bei der den minderjährigen Kindern eines türkischstämmigen Vaters die deutsche Staatsbürgerschaft entzogen werden sollte, obwohl der Vater nur für sich einen Einbürgerungsantrag gestellt hatte und die Kinder kraft türkischen Rechts in die türkische Staatsbürgerschaft wieder aufgenommen wurden. Das Gericht hat zu Recht festgestellt, dass die minderjährigen Kinder die deutsche Staatsbürgerschaft nicht verloren haben, weil kein Antrag vorlag. Traurig ist diese Entscheidung nur weil das Gesetz bereits vom Wortlaut her keine andere Entscheidung zulässt und ein Ausländeramt dies dennoch nicht erkennen wollte.
Es ist eine Sache Integration zu fordern, eine ganz andere, Gesetze zu schaffen, die Integration fördern. Fast lächerlich wirken in diesem Zusammenhang die geschönten Einbürgerungszahlen der Integrationsbeauftragten und die seit der Reform des Ausländerrechts erzielten Erfolge bei der Integration. Wenn das Vertrauen in das Rechtssystem und das Gefühl, jemals dazugehören zu können, bei der größten Ausländergruppe fundamental erschüttert wird, kann von Erfolg keine Rede sein.
Um solche und ähnliche Vorkommnisse künftig zu vermeiden, schlage ich vor, den einbürgerungswilligen Ausländern gleich zwei Stimmen bei Wahlen zur Verfügung zu stellen, mit der Auflage, dass über die erste Stimme frei verfügt werden darf. Mit der zweiten Stimme muss er die CDU/CSU wählen.
Ein Trost bleibt dem Deutschtürken am Ende aber doch noch: „Gott zählt auch die Ausländer.“ (George Bernard Shaw (1856 – 1950), Literaturnobelpreisträger 1925).
Ekrem Senol – Köln, 09.11.2005